In den letzten Jahren beobachtet man bei vielen Patienten eine zunehmende Hinwendung zu Naturheilverfahren und zur Alternativmedizin. Was sind die Motive hierfür? Auf der einen Seite hat der Patient den Wunsch nach einer engen Beziehung zum Arzt verbunden mit Zuwendung und großer Gesprächsbereitschaft. Auf der anderen Seite besteht eine persönliche Skepsis gegenüber der Technisierung und Spezialisierung in der Medizin und damit verbunden eine größere Angst vor Nebenwirkungen der Arzneimittel.

 

Auf meinen Reisen durch die Länder der ehemaligen Sowjetunion wurde mir häufig die Frage gestellt: „Was halten Sie von der Urintherapie?“ Als Wissenschaftler war ich zunächst erstaunt und fragte nach: „Was meinen Sie damit?“ Ich bekam zur Antwort: „Das Trinken des eigenen Urins soll gegen viele Krankheiten helfen!“ Was sagt nun die Wissenschaft dazu?
Zunächst hielt ich diese Methode für ausgesprochen dumm. Beim Urin handelt es sich ja um Ausscheidungsprodukte des Körpers, die der Körper sozusagen loswerden will. In letzter Zeit hörte ich aber auch in Deutschland mehrfach von der Urintherapie. Dies gab mir Anlass, mich näher mit der Urintherapie zu befassen.

Der Harn hat in der Medizin über viele Jahrhunderte eine bedeutende Rolle gespielt. Schon vor 4.000 Jahren haben die indischen Yogis täglich Urin getrunken und be­haupteten, dass dies zu einer Lebensverlängerung führe. In manchen asiatischen Ländern wird bis heute Eigen-, Fremd- und tierischer Urin zur Behandlung verschiedener Krankheiten verabreicht. In Europa, von der Antike bis ins Mittelalter, stützten Ärzte ihre Diagnose auf die Harnschau (Uroskopie). Der griechische Arzt Hippokrates empfahl um 400 v. Chr. Urintrinken als Mittel gegen Geschwüre, Augenleiden, Schlangenbisse und Tollwut.

Im Laufe der Jahrhunderte wurde der eigene und auch fremder Urin als Trank oder auch in Verbindung mit anderen Stoffen als Mittel zum Einreiben, für Umschläge und Injektionen gegen nahezu alle Krankheiten gegeben, besonders bei Erkrankung der Harn­wege und der Haut, bei Augen- und Ohrenleiden, Gicht, Atembeschwerden und Wassersucht. Im 17. Jahrhundert glaubten manche Ärzte, dass mit dem Trinken des eigenen Urins Geschlechtskrankheiten geheilt werden konnten. Dem eigenen Harn wurde dabei eine Heil­kraft zugesprochen.

Um 1900 und später setzten die Naturheiler Eigenharninjektionen als Reiztherapie ein. Seit einigen Jahren, mit dem Aufblühen der Esoterik, ist die Eigenharntherapie durch Trinken und Injektionen wieder sehr populär geworden.

Welche Erklärung sieht man für die Wirkung?

Der Urin soll zusammen mit den vom Körper gegen die Krankheitskeime erzeugten Antigenen den Körper zur verstärkten Abwehrreaktion reizen. Diese Wirkung wird mit einer passiven Impfung oder Immunisierung verglichen. Die Durchführung der Behandlung kann auf 3 verschiedene Arten erfolgen.

  1. Die Injektionsbehandlung
    0,5 ml Eigenurin, steril filtriert wird in den Muskel gespritzt. Im Abstand von 2-3 Tagen wird jeweils um 0,1 Milliliter gesteigert, also die 2. Injektion 0,6 ml, die 3. 0,7 ml usw. bis maximal 5 Milliliter. Durch die Injektion soll eine Umstimmung des Körpers angeregt werden.
    Angeblich sollen die Infektanfälligkeit verringert, chronische Harnwegsinfekte verbessert, schwangerschaftsbedingter Hochdruck gemildert sowie Allergien und Migräne kuriert und Beschwerden der Wechseljahre erleichtert werden.
  2. Urintrinken (Uropathie)
    Über einige Wochen wird täglich 1 Becher frisch gewonnener Morgenurin getrunken oder die gesamte Tagesmenge am Abend eingenommen. Hierbei soll es zu einer „Umstimmung“, Entgiftung und zur Anregung des Stoffwechsels kommen. Der Urin soll dabei gegen alles und jedes helfen.
  3. Äußerliche Anwendung
    Mit Eigenharn werden Umschläge, Spülungen und Einläufe gemacht. Anwendungsgebiet sind hierbei Hautkrankheiten und Wunden, aber auch Darm­reinigung und andere Erkrankungen.
  4. Wie erklärt man nun die Wirkung des Urins?
    Die Injektionsbehandlung soll eine unspezifische Reiztherapie am Körper bewirken.
    Erwachsene scheiden mit dem Urin etwa 30 g Harnstoff aus. Harnstoff hat eine osmotische Wirkung, d. h. er fördert den Flüssigkeitsaus­tausch zwischen den Zellen. Bei äußerlicher Anwendung könnten Pilze, Bakterien und Sporen zugrunde gehen. Bei innerlicher Anwendung wirkt Harnstoff harntreibend.
    Der Urin enthält Spuren von Melatonin, einem Hormon der Zirbeldrüse. Dieses Hormon fördert die Schlafbereitschaft des Körpers. Urin über mehrere Wochen täglich eingenommen soll einen beruhigen Effekt haben.
    Das Trinken von Eigenharn kann u.U. einem psychologischen Effekt haben: z.B. bei Furcht vor einer Schädigung durch einen bestimmten Stoff. So kann jemand, der sich vor dem Urin ekelt, überzeugt werden, sich rasch besser zu fühlen.

Bei der Beurteilung einer Therapie für Krankheiten gilt es zunächst wissen­schaftlich zu prüfen: Wirkt diese Methode überhaupt? Auf welche Weise ist die reproduzierbar? Was sind die Nebenwirkungen und Risiken?
Wenn keine nachprüfbare Wirkung und Erklärung vorliegt, welche übernatürliche Wirkung steckt dahinter? Welches ist die geistige Wurzel dieser Methode und welches Welt- und Menschenbild steckt dahinter?
Gerade bei der Frage der Heilung können wir uns dunklen Mächten öffnen, wenn wir diese Frage vernachlässigen und nach dem Motto leben – Gesundheit um jeden Preis.

Bei der wissenschaftlichen Überprüfung des Urins lassen sich positive Wirkungen nicht nachweisen. Der Harn enthält: Endprodukte des Stoffwechsels, auch als harnpflichtige Substanzen bezeichnet wie Kreatinin, Harnsäure, Harnstoff, Elektrolyte in geringerer Konzentration als im Blut. Hierzu gehören Natrium, Kalium, Calcium, spurenhaft Albumin und einzelne Aminosäuren.
Experimentelle Untersuchungen haben keinen Nachweis einer Heilwirkung erbracht. Wenn es dennoch zur Abheilung von Krankheiten kommt, so sind hierfür die körpereigene Immunabwehr verantwortlich zu machen.

Welche Risiken der Urintherapie liegen vor?

Im Harn wachsen wenige Minuten nach der Ausscheidung Keime heran, so dass es bei der Einnahme und Einreibung, ohne vorhergehende Sterilisation zu Infektionen kommen kann.
Der Harn wird tatsächlich häufig unbehandelt angewendet, um mit den Keimen das Immunsystem „anzuregen“. Dies ist jedoch keine Hilfe für den Patienten, sondern eine Schädigung durch Bakterien. Der Patient kann auch dadurch geschädigt werden, dass mit dem Harn auch Viren ausge­schieden werden z.B. Masernviren.

Bei Harninjektionen besteht die Gefahr, dass sich an der Einstichstelle ein Abszess, also eine eitrige Entzündung bildet. Als Unverträglichkeitsreaktionen können auch Hautausschlag, Schwindel, Kopf­schmerzen, Fieber und Herzklopfen auftreten.
Das Urintrinken kann auch auf psychischem Wege (Ekel vor dem Urin) zu Nebenwirkungen führen wie Durchfall, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und anderes mehr.
Im Harn können sich auch mit Nahrung- und Genussmittel aufgenommene und im Stoff­wechsel entstandene Gifte aus dem Körper befinden. Wird der Harn nun getrunken, so werden diese Giftstoffe im Magen-Darm-Trakt wieder freigesetzt und vom Körper auch wieder aufgenommen.

Die Zusammensetzung des Urins schwankt im Tagesablauf je nach Nahrungsauf­nahme beträchtlich, so dass eine einheitliche Wirkung nicht erwartet werden kann. So kann zusammenfassend gesagt werden, dass die Harntherapie aus wissenschaftlichen Gründen abgelehnt werden muss, da eine positive Wirkung nicht nachgewiesen ist und erhebliche Nebenwirkungen durch Infektionen und auch allergischen Reaktionen in vielen Fällen festgestellt wurde.

Wie steht es nun mit der geistlichen Beurteilung?

Christen sollen alles beurteilen und nach dem geistlichen Ursprung fragen, gemäß dem Bibelwort:

Prüft aber alles, und das Gute behaltet. Meidet das Böse in jeder Gestalt.

1. Thessalonicher 5, 21 und 22

Wie eingangs erwähnt, stammt die Urintherapie aus den asiatischen Religionen, aus dem Hinduismus und aus der chinesischen Philosophie. Eine gemeinsame Grundlage ist der falsche Glaube an ein „vibrierendes Universum“, d. h. eine unsichtbare verborgene Kraft oder Energie, die universell und übernatürlich ist und hinter der sichtbaren, d. h. sowohl hinter dem Universum und der Natur als auch hinter dem Menschen und seiner Krankheit als letzte Wirklichkeit stehen soll. Man meint: Durch diese kosmische Kraft bestehe eine innere energetische Verbunden­heit und Verwandtschaft zwischen der Schöpfung, also dem Universum und der Natur und den Menschen. Der Mensch sei ein Teil des kosmisch Ganzen, also ein so genannter kosmischer Mensch. Gesundheit bedeutet damit, dass der Mensch durch diese kosmische Energie mit dem Universum in Harmonie gebracht wurde. Krankheit bedeutet eine Störung des kosmischen Energieflusses. Der Urin als besonderer Saft soll den kranken Menschen wieder in Harmonie mit dem Kosmos bringen und den Energiefluss normalisieren. Dadurch sollen auf spiritistische Weise Krankheiten geheilt werden. Dies steht aber im völligen Gegensatz zu dem christlichen Menschen- und Weltbild.

Als Christen aber glauben wir an Gott als den Schöpfer Himmels und der Erden, der alle Welt geschaffen hat und auch unser Schicksal in seinen Händen hält und an Jesus Christus, Gottes Sohn, durch den wir von der Knechtschaft der Sünde erlöst sind und ewiges Leben haben, wenn wir Buße tun und IHN als unseren Heiland aufnehmen. Krankheiten sind durch die Sünde in die Welt gekommen und bis zur Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus werden Menschen an Krankheiten leiden und jeder wird infolge einer Krankheit sterben müssen.

Die Urintherapie ist also aus wissenschaftlichen Gründen – keine heilende Wirkung und schädliche Nebenwirkungen – sowie aus geistlichen Gründen abzulehnen.

Das Ziel unseres Herrn Jesus Christus mit uns ist nicht die Abschaffung der Krank­heit, sondern das ewige Leben.
Diese „Heilung für die Ewigkeit“ darf jeder erfahren, der Buße tut und Jesus Christus aufnimmt in sein Leben und sich bekehrt.
Für die Heilung körperlicher Krankheiten gilt die naturwissenschaftliche Medizin, weil sie sich nach den Erkenntnissen der Naturwissenschaft richtet. Gott hat unseren Körper und die Welt nach seiner göttlichen Weisheit geschaffen.

In Jesus Christus haben wir eine lebendige Hoffnung, dass unser sterblicher Leib bei der ersten Auferstehung in einen unsterblichen Leib umgewandelt wird und wir dann bei Christus sind alle Zeit. Wir wollen uns mit diesen Worten untereinander trösten (1. Thessalonicher 4, 18):

Er aber, der Gott des Friedens heilige euch durch und durch
und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt,
untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus.

(2. Thessalonicher 5, 23)