Was sind ätherische Öle?

Ätherische Öle sind flüchtige, stark riechende Öle, die sich in verschiedenen Pflanzenbestandteilen finden (Blüten,Blätter, Samen, etc.). Sie werden von den Pflanzen selbst produziert. Im Gegensatz zu anderen Ölen (z. B. Sonnenblumenöl) verdunsten sie rückstandslos. Gewonnen werden ätherische Öle meist durch Destillation oder im Fall von Zitrusfrüchten durch das Pressen der Schale.[1] Die bekanntesten ätherischen Öle sind die des Lavendels, der Zitrone, des Eukalyptus und der Pfefferminze. Ätherische Öle können auch synthetisch hergestellt werden. Es gibt deshalb folgende Unterscheidungen:
• Naturbelassene/naturreine Öle: kommen direkt aus der Pflanze, auf dem Etikett steht der botanische Name, das Herkunftsland, der Pflanzenteil aus dem das Öl stammt
• Natürliche Öle: Mischung von naturbelassenen Ölen
• Naturidentische Öle: werden synthetisch herstellt, gleichen aber in der Molekularstruktur dem natürlichen Öl
• Künstliche Öle: werden synthetisch hergestellt, haben keinen Bezug zum natürlichen Öl
Die Bezeichnung ätherisches Öl ist nicht geschützt. So
können auch die komplett synthetisch hergestellten Öle
als ätherische Öle verkauft werden. Möchte man ein Öl
kaufen, das ganz sicher aus der Pfl anze kommt, deren
Name es trägt (naturbelassenes/naturreines Öl), sollte
man auf oben genannte Kriterien achten.[2]

Einsatzgebiete

Ätherische Öle haben zahlreiche Anwendungsgebiete. Sie können in Form von Inhalation (in der Raumluft oder direkt), Massagen, Wickel, Badezusatz oder oraler Einnahme angewandt werden. Es ist sehr wichtig, dass ätherische Öle niemals unverdünnt verwendet werden, da sie sonst starke Nebenwirkungen bis hin zum Tod haben können![3] Man sollte bei der Anwendung von ätherischen Ölen zwischen „Aromawellness“ und Aromatherapie unterscheiden. In beiden Fällen kann sich der oben genannten Anwendungsarten bedient werden. Allerdings ist Aromatherapie ein fester Bestandteil der Pflanzenheilkunde (Phytotherapie), die in Deutschland nur von darin ausgebildeten Ärzten und Heilpraktikern durchgeführt werden darf und auf die Behandlung von konkreten Krankheiten abzielt. Unter „Aromawellness“ fällt der Teil der Anwendungen, die im häuslichen, laienhaften Gebrauch zur Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens durchgeführt werden (z. B. Duftöl zur Erfrischung der Raumluft, Bad mit Lavendelöl zur Entspannung, etc.).[2] Im Weiteren wird auf das große Gebiet der Aromatherapie eingegangen, da sie auch immer mehr im medizinischen Alltag an Bedeutung gewinnt. Aufgrund des Umfangs dieses Themas, kann hier nur ein kurzer Überblick über den aktuellen Stand gegeben werden.

Aromatherapie

Definition

Die Aromatherapie gehört zur Phytotherapie. Ihr Ziel ist es, mit Hilfe von ätherischen Ölen physische und psychische Erkrankungen zu behandeln und die Gesundheit nachhaltig zu beeinflussen. Sie findet in der Prävention, der Therapie (im professionellen Rahmen und zur Selbstbehandlung), wie auch in der Krankenpflege Anwendung.“[4]

Durchführung

Bei der Aromatherapie wird eine Erkrankung mit den bei ihr wirksamen ätherischen Ölen behandelt. Die Aromatherapie kann bei leichten bis mittelschweren Erkrankungen, wie andere Phytotherapeutika, alleine angewandt werden. Bei schweren oder chronischen Verläufen spielt sie in der Regel nur eine ergänzende Rolle.[5] In welcher Form die ätherischen Öle verabreicht werden, entscheidet der Verordner. Bekannte Beispiele, die auch im Alltag Verwendung finden, sind die Inhalation von Thymol und Menthol bei Erkältung oder die Einnahme von Lavendelöl bei Schlafstörungen. Aus der Zusammenstellung der verschiedenen Öle und Anwendungsmethoden folgt eine sehr große Palette an möglichen Therapien. Wichtig ist, dass die Öle niemals unverdünnt verwendet werden. Zur äußerlichen Anwendung werden sie in einem Trägeröl gelöst, zur Inhalation mit entsprechenden Geräten verdampft und zur innerlichen Anwendung mit viel Wasser oder in Form von Kapseln eingenommen.

Anwendungsgebiete

Aromatherapie wird hauptsächlich bei Erkältungssymptomatik, Schlafstörungen, Schmerzen, Stress und Angst angewandt.

Ätherisches Öl mögl. Anwendungsgebiet
Lavendel Schlafstörungen, Angst, Schmerz
Eukalyptus Erkältungen
Thymian Erkältung
Orange Stress
Pfefferminz Übelkeit
Bitterorangenblüten Angst, Panik, Depression, Stress
Zitrone Immunmodulation, Fieber

Die Studienlage in jedem dieser Gebiete ist nicht eindeutig, was man auf die meist sehr geringe Studienpopulation, die schwierige Durchführung von randomisiert kontrollierten Studien mit ätherischen Ölen (sie riechen stark, sodass alle Beteiligten wissen, dass ein Öl im Raum ist) und auf die nicht einheitliche Anwendung ätherischer Öle zurückführen kann. Es kann in den Anwendungsgebieten also nur von möglichen Wirkungen gesprochen werden, die weiter erforscht werden müssen. Mögliche Wirkungen von ätherischen Ölen bei Erkältungssymptomatik sind beispielsweise: hustenreizstillend, auswurffördernd, entzündungshemmend und antimikrobiell.[6] Außerdem gibt es Studien, die darauf hindeuten, dass ätherische Öle auch in der Behandlung von Schmerzen[7], Schlafproblemen[8], Stress[9] und Angst[10] eine Rolle spielen können.

Wirkungsweise

Ätherische Öle wirken wahrscheinlich über verschiedene Wege im menschlichen Körper. Die Forschung kann hier nur Ansatzpunkte aufzeigen, da dieses komplexe Thema noch nicht hinlänglich erforscht ist. Eine mögliche Wirkungsweise ist die über das olfaktorische System (den Geruchsinn), wobei hier die Moleküle nicht nur als Geruch erkannt werden und dadurch eine Wirkung haben, sondern auch aufgrund ihrer geringen Größe über die Riechnerven in das Gehirn gelangen und dort zentrale Wirkungen entfalten können. So gibt es Hinweise darauf, dass ätherische Öle in die Regulation verschiedener Systeme (Monoamine, Neutrophine, Neuroendokrine) eingreifen und so zum Beispiel den Cortisol-Spiegel bei Stress senken können. Außerdem wird vermutet, dass ätherische Öle entzündungshemmend wirken und freie Radikale bekämpfen.[11] Eine weitere mögliche Wirkungsweise ist die Aufnahme der Moleküle über die Haut, den Magen-Darm-Trakt und/oder die Atemwege. Hier gelangen die Moleküle ins Blut[12] und können dann möglicherweise direkte Wirkungen an den Organen entfalten.

Nebenwirkungen

Bei der Anwendung von ätherischen Ölen können, wie bei allen anderen Medikamenten, (teils schwere) Nebenwirkungen auftreten. Die hier aufgeführte Liste enthält Beispiele und ist nicht vollständig. Ätherische Öle können hautreizend wirken und sollten deshalb vor ihrer Anwendung zuerst getestet werden. Außerdem wirken einige Öle phototoxisch, was bedeutet, dass sie die Haut empfindlicher für UV-Strahlen machen und so schnell starke Verbrennungen auftreten können, wenn betreffende Areale mit Sonne in Kontakt kommen. Allergische Reaktionen sind ebenfalls nicht auszuschließen. Menschen mit einer Allergie auf Pflanzen können davon ausgehen, dass sie auch auf das entsprechende Öl allergisch reagieren. Bei der falschen, übermäßigen Einnahme von ätherischen Ölen kann es außerdem zu starken organischen Schäden kommen, die zum Tod führen können.[13]

Wechselwirkungen

Ätherische Öle sind nicht Extrakte von Pflanzen, die nur gut riechen. Wie oben gezeigt, haben sie im menschlichen Körper durchaus Wirkungen, die über das Geruchsempfinden hinausgehen. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass sie in Wechselwirkung mit den unterschiedlichsten Medikamenten (von Schlafmitteln über Blutdrucksenker bis Gerinnungshemmer) treten können. Diese Wechselwirkung entsteht hauptsächlich durch die Modifikation von Enzymen, die die Medikamente abbauen. So werden beispielsweise Schlafmittel oder Gerinnungshemmer langsamer abgebaut, was eine verlängerte Wirkung zur Folge hat. Blutdrucksenker können dagegen schneller abgebaut werden, wodurch die blutdrucksenkende Wirkung schneller nachlässt.[14] Hier ist es wichtig vor der (Eigen-)Therapie mit ätherischen Ölen mögliche Wechselwirkungen derselben mit der bestehenden Medikation durch den behandelnden Arzt abklären zu lassen.

Kritikpunkte

Die Behandlung von Krankheiten mit ätherischen Ölen erfreut sich einer immer größer werdenden Beliebtheit, unter professionellen Anwendern wie auch unter Laien. Leider können die Studien zu diesem Thema aufgrund ihres Aufbaus und ihrer geringen Teilnehmerzahl nur die Richtung weisen, in der weiter geforscht werden muss, sodass Studien mit größeren Populationen und dadurch mehr Aussagekraft durchgeführt werden können. Es sind außerdem kaum Studien zur Grundlagenforschung, die die genaue Wirkungsweise von ätherischen Ölen erfassen, vorhanden.

Falsche Versprechen

Einer der größten Kritikpunkte, der allerdings nichts mit der wissenschaftlichen Seite der Aromatherapie zu tun hat, ist die Vermarktung von ätherischen Ölen unter Laien und die damit verbundene Werbung. In letzter Zeit hat die Vermarktung von ätherischen Ölen nach dem Modell „Tupperabend“ zugenommen. Auch in christlichen Kreisen scheint diese neue, „alternative“ Methode zur Behandlung von Problemen/Krankheiten, angefangen bei Übergewicht bis hin zu Krebs, Wellen zu schlagen. Hier muss jedoch aus wissenschaftlicher Sicht entschieden widersprochen werden. Es gibt keine Mittel, die alles behandeln und heilen können. Wenn Krankheiten, ohne ihren medizinischen Hintergrund und ihre Vorgänge im Körper zu kennen, mit ätherischen Ölen behandelt werden, kann dies gefährliche Auswirkungen haben. Im schlimmsten Fall kann es zum Tod führen, wenn schwere oder chronische Erkrankungen ineffektiv mit ätherischen Ölen behandelt werden, wo nachgewiesenermaßen effektive Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen.

Zusammenfassung

Aktuelle Studien deuten auf ein großes Potential von ätherischen Ölen in der Aromatherapie hin. Die Forschung steht hier aber noch am Anfang und ihre Entwicklung muss zur genauen Einordnung der Wirksamkeit der Therapie weiter beobachtet werden. Es ist ebenfalls wichtig, das Vertrauen nicht in die Werbung der Hersteller oder Verkäufer der Öle zu setzen, die durch das gesteigerte Interesse an alternativen Heilmethoden Versprechungen von der verbesserten Gewichtsabnahme bis zur Heilung von Covid-19[15] machen. Außerdem sollten Christen prüfen, ob das Öl die mit ihm in Verbindung gebrachte Wirkung wirklich hat/haben kann oder ob diese allein unter esoterischen Gesichtspunkten besteht. Der Umgang mit ätherischen Ölen sollte aufgrund ihrer möglichen Neben- und Wechselwirkungen immer reflektiert erfolgen und ihre Wirkung sollte nicht über- oder unterschätzt werden. Ätherische Öle sind weder Allheilmittel, noch einfach nur gut riechende „Ölchen“.

 

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Quellen-Nachweis

[1] Brockhaus, Bd. 1, S. 395. wissenmedia GmbH, Gütersloh/München, 2010.
[2] https://www.chemie.de/lexikon/%C3%84therisches_%C3%96l.html, letzer Zugriff : 26.04.2022 9:51Uhr
[3] Farrar A., Farrar F. Clinical Aromatherapy. Nurs Clin N Am 55 (2020) 489-504
[4] https://fl exikon.doccheck.com/de/Aromatherapie (letzter Zugriff 27.05.2022, 6:38 Uhr)
[5] Stefl itsch W. Aromatherapie: wann können ätherische Öle medizinisch eingesetzt werden? Dtsch Med Wochenschrift 2017, 142, 1936-1942
[6] Ebd.
[7] Ebd.
[8] Hamzeh S. et. al. Effects of Aromatherapy with Lavender and Peppermint Essential Oils on the Sleep Quality of Cancer Patients: A Randomized Controlled Trial. Evidence-Based Complementary and Alternative Medicine. Volume 2020, Article ID 7480204, 7 pages
[9] Jaafarzadeh M, Arman S, Pour FF. Eff ect of aromatherapy with orange essential oil on salivary cortisol and pulse rate in children during dental treatment: A randomized controlled clinical trial. Adv Biomed Res 2013; 2:10.
[10] Kang H., Nam E. How Strong is the Evidence for the Anxiolytic Efficacy of Lavender?: Systematic Review and Meta-analysis of Randomized Controlled Trials. Asian Nursing Research 13 (2019) 295-305
[11] Fung, T.K.H.; Lau, B.W.M.; Ngai, S.P.C.; Tsang, H.W.H. Therapeutic Effect and Mechanisms of Essential Oils in Mood Disorders: Interaction between the Nervous and Respiratory Systems. Int. J. Mol. Sci. 2021, 22, 4844.
[12] Steflitsch W. Aromatherapie: wann können ätherische Öle medizinisch eingesetzt werden? Tabelle 1. Dtsch Med Wochenschrift 2017, 142, 1936-1942
[13] Farrar A., Farrar F. Clinical Aromatherapy. Nurs Clin N Am 55 (2020) 489-504
[14] Golos M., Buchbauer G. Ätherische Öle und ihr Einfl uss auf Arzneimittelwirkungen: Einige Beispiele. MMP, 38. Jhg. 08/2015, 290-296
[15] Farrar A., Farrar F. Clinical Aromatherapy. Nurs Clin N Am 55 (2020) 489-504

Foto von Towfiqu barbhuiya auf Unsplash