Heilungsvorstellungen zwischen Wissenschaft und Glaube
„Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister,
ob sie aus Gott sind, denn viele falsche Propheten sind in die Welt ausgegangen.“1. Johannes 4,1
1. Einleitende Worte
Dieser Artikel entstand auf der Grundlage eines Vortrags, der auf dem CDK-Seminar 2016 in Hannover von mir gehalten wurde. Aufgrund des begrenzten Umfanges dieses Artikels, kann das Thema bei weitem nicht umfassend und auch nicht ausreichend ausgewogen bearbeitet werden. Ich beschränke mich bewusst auf einige wenige Aspekte des genannten Themas, versuche dabei aber aus meiner Sicht wichtige Schwerpunkte zu setzen.
Der auf dem Seminar gehaltene Vortrag kann über CDK bezogen werden.
2. Einleitung
Wie uns die Bibel berichtet, gab es nach der Erschaffung des Menschen im Garten Eden keine Krankheiten. Es war vielmehr alles „sehr gut“ . Erst durch die Sünde der ersten Menschen, durch den ersten Ungehorsam mit dem Griff nach der von Gott verbotenen Frucht, kam das Böse und damit auch der Tod und die verschiedenen Leiden in die Welt. Genesis 3,16 + 19 (auszugsweise):
Zu der Frau sprach er: Ich werde sehr vermehren die Mühsal deiner Schwangerschaft, mit Schmerzen sollst du Kinder gebären!
Im Schweiße deines Angesichts wirst du dein Brot essen,
bis du zurückkehrst zum Erdboden, denn von ihm bist du genommen.
Denn Staub bist du, und zum Staub wirst du zurückkehren!
Die uns vorliegenden archäologischen Zeitzeugen legen nahe, dass der Mensch bereits kurz nach dem Sündenfall mit verschiedentlichen Arten der Heilkunst und Heilkunde die jetzt auftretenden Krankheiten zu behandeln begann. Dabei führte der Wunsch des Menschen Leiden zu lindern und Krankheiten zu heilen zwangsläufig dazu, sich mit der Herkunft und den Ursachen der Erkrankung auseinanderzusetzen. Es mussten im weitesten Sinne letztlich Antworten auf folgende Fragestellungen gefunden werden:
- Was ist Gesundheit?
- Was ist Krankheit?
- Welche Krankheitskonzepte haben wir?
- Wie sehen unsere Heilungskonzepte aus?
An der Medizingeschichte kann man sehr gut aufzeigen, dass die Vorstellung von der Welt, der Glaube / die Religion und die Sicht auf den Menschen unweigerlich einen großen Einfluss auf die Krankheits- und Heilungskonzepte hat. So ist uns aus dem Schamanismus ein magisch-mystisches Verständnis von Krankheit und Gesundheit bekannt. Man versucht innerhalb dieses Konzeptes einen Kranken dadurch zu therapieren, indem man durch Beschwörungen den sog. krankheitsverursachenden Dämon aus dem Körper des Kranken vertreiben möchte.
Im Altertum herrschte ein sog. theurgisches Medizinmodell vor. Dazu gehörte die Vorstellung, dass Krankheit eine Strafe der Götter ist.
In Europa des Mittelalters war sehr lange Zeit die gängige vertretene Lehrmeinung die Humoralpathologie. Entstanden in der Antike setzte sich dieses Lehrkonzept bis in das 19. Jahrhundert immer wieder durch. Erst Robert Koch und Rudolf Virchow brachten dieses Krankheits- und Heilungskonzept durch ihre geniale Forschung zum Einsturz.
Heute stehen in der Medizin auf der einen Seite die Krankheitskonzepte der wissenschaftlich geprägten modernen Medizin den alternativen Verfahren im weitesten Sinne gegenüber. Dabei wenden sich in der westlichen Welt – aufgrund vielerlei Ursachen – immer mehr Menschen von den „reinen“ wissenschaftlichen Behandlungen ab und den Behandlungen der sog. „alternativen Heilverfahren“ mit einem anderen weltanschaulichen Hintergrund (Esoterik, Anthroposophie, Traditionell-Chinesische Medizin) zu. Dies kann man allein schon an den für diese Verfahren ausgegebenen Geldern problemlos nachweisen.
Für den an Jesus Gläubigen kommt als Patient aber auch als Behandler damit die Frage auf, „Wie sollten die verschiedenen Krankheits- und Heilungskonzepte bewertet werden? Wie sieht die Bibel Krankheit?
3. Was sagt die Bibel zu Krankheit und Heilung?
3.1 Das biblische Menschenbild
Wenn wir uns mit der Frage auseinander setzen wollen, was die Bibel zu dem Thema „Krankheit und Heilung“ zu sagen hat, müssen wir als erstes darüber nachdenken, wie die Bibel den Menschen sieht. Die Vorstellung, die wir von dem Menschen haben, wird unweigerlich auch unsere Krankheits- und Heilungsvorstellung prägen. Ob für uns der Mensch ein transzendentales „Gott-/Menschwesen“ ist, ob er das Ergebnis eines langen Evolutionsprozesses ist oder ob er ein Geschöpf Gottes ist, jede dieser Vorstellungen von dem Menschen wird unweigerlich und deutlich Einfluss auf unser Konzept und Verständnis von Krankheit und Heilung haben.
In der Bibel finden wir sehr klar, wer der Mensch überhaupt ist und wozu er da ist. Diese Fragen nach dem Woher und Wozu kann uns keine Wissenschaft schlüssig beantworten.
Die Bibel sagt eindeutig, dass der Mensch ein Geschöpf Gottes ist und nach seinem Ebenbild geschaffen wurde. Er ist kein Produkt des Zufalls oder einer unpersönlichen Evolution. In Genesis 1,27 heißt es:
„Und Gott schuf den Menschen in seinem Bild,
im Bild Gottes schuf er ihn; Mann und Frau schuf er sie.“
Damit ist klar, dass Gott den Menschen in seinem Bilde als Mann und Frau geschaffen hat. Er ist es, der den Menschen, so wie er ist, geschaffen hat. Er ist der Lebensspender und er ist derjenige, der auch das Leben wieder nimmt. Dabei schafft Gott den Menschen aus Zwei (Geist = „Atem des Lebens“ und Materie = „Staub vom Erdboden“) zu einer Dreiheit (Geist, Seele und Leib) (siehe Graphik)
3.2 Der Sündenfall als eigentlicher Ursprung und Ursache des Todes und aller Leiden
Mit dem Sündenfall des Menschen kam das Leid, die Krankheit und auch der Tod in das Leben der Menschheit hinein.
In Genesis 2,17 lesen wir:
„aber vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen,
davon darfst du nicht essen; denn an dem Tag, da du davon isst,
musst du sterben!“
und weiter in Römer 5,12:
„Darum, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist
und durch die Sünde der Tod und so der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil sie alle gesündigt haben“
Seit diesem Zeitpunkt leidet der Mensch, aber auch die Natur unter dem Sündenfall und erwartet die Erlösung (siehe Römer 8,19-23). In diesem allgemeinen Sinn haben somit alle Krankheiten und alles Leiden seinen letztlichen Grund in dem Sündenfall. Dabei sollten wir darauf achten, dass ein oberflächliches Zurückführen einzelner konkreter Leiden oder Krankheitsfälle immer auf eine bestimmte Sünde dem Befund der Bibel nicht gerecht wird (vgl. Joh 9,2 ff.; 11,3 ff.). Insbesondere das Buch Hiob zeigt uns sehr deutlich, dass es sehr wohl Leid gibt, das nicht auf der persönlichen Schuld des Leidenden zurückzuführen ist.
3.3. Persönliche Schuld vor Gott als Ursache von Krankheit
In einigen Fällen ist die Ursache von Krankheit konkrete Sünde im Leben des Erkrankten. In der Bibel finden wir an vielen Stellen im Alten und Neuen Testament, dass Gott bestimmte Übertretungen seiner Gebote und Anweisungen mit konkreten Krankheiten bestrafen kann. Es ist kein Automatismus und auch nicht immer so, aber es ist durchaus möglich (Beispiele: 2. Könige 5,27; 2. Chronik 26,16.19-21, Joh 5,5-14; Apg 12,23).
Außerdem kann auch eine unbiblische, falsche Lebensweise zu Erkrankungen führen. Ich denke da einmal an eine falsche und übermäßige Ernährung. Jährlich entstehen extrem hohe Kosten für das Gesundheitssystem aufgrund falscher und übermäßiger Ernährung, die zu vielerlei Folgekrankheiten führt. Die Bibel mahnt an mehreren Stellen sehr einfach aber konkret einen richtigen Umgang mit dem Essen an (Römer 13,13; Galater 5,21). Wenn diese einfache Anweisung der Bibel von uns Christen mehr beachtet würde, könnten viele Erkrankungen, die infolge eines Übergewichtes (Adipositas) auftreten, vermieden werden (z.B. Herzkreislauf-erkrankungen, Bluthochdruck, sog. „Alterszucker“ oder Diabetes mellitus Typ II, Gelenkbeschwerden).
Außerdem führt ein sorgloser und falscher Umgang mit Alkohol (Jesaja 5,11-12; Lukas 21,34; Galater 5,21) neben schweren Erkrankungen auch zur Zerstörung von Ehen, Familien und einer ganzen Gesellschaft. Als Christen sind wir da zu besonderer Wachsamkeit und Rücksichtnahme in Bezug auf den schwachen Bruder aufgerufen.
Weitere konkrete geistliche Ursachen für Erkrankungen können die Missachtung des 5. Gebotes „Ehre Vater und Mutter“ sein (Epheser 6,2-3), ein Leben voller Sorgen (Psalm 127,2; Sprüche 12,25; Matthäus 6,25-34; Lukas 10,40-42), Bitterkeit und Wut (Epheser 4,31-32; Kolosser 3,19), fehlende Vergebungsbereitschaft, aber auch die unwürdige Teilnahme am Mahl des Herrn (1. Korinther 11,30-32). In meiner täglichen Praxis als Arzt habe ich das ganz konkret nicht selten erlebt.
3.4 Weitere Ursachen
Die Bibel zeigt uns noch weitere Ursachen für Erkrankungen auf. Einmal kann Gott eine Krankheit nutzen um uns dadurch zu führen. Manche Möglichkeiten der Evangelisation, der Seelsorge und auch der konkreten persönlichen Führung können aus Erkrankungen erwachsen.
Außerdem nutzt Gott manche Krankheit um uns zu erziehen. Gott nutzt dann die Erkrankung, um eine Sinnesänderung in dem Einzelnen zu bewirken (1. Korinther 5,5; 2. Korinther 12,7-9a; Hebräer 12,6-11).
Gott kann aber auch die Erkrankung zu seiner Verherrlichung nutzen. Dies kann einmal durch eine wundervolle Heilung geschehen. Ein passendes Beispiel finden wir im Johannesevangelium in Kapitel 11, wo Jesus seinen erkrankten Freund Lazarus anfänglich nicht heilt, sondern dann aus den Toten auferweckt, damit Gott dadurch verherrlicht wird (Johannes 11,4). Auch die Erkrankung des Blindgeborenen in Kapitel 9 im gleichen Evangelium ist dafür da, damit durch die Heilung Gott verherrlicht wird (Johannes 9,3).
Aus der Kirchen- und Missionsgeschichte sind viele solcher wundersamen Heilungen bekannt und auch ich habe diese bereits mehrfach in meiner Tätigkeit erlebt. Dabei will ich aus gegebenem Anlass an dieser Stelle ausdrücklich vor den charismatischen Heilungspraktiken warnen. Diesen Praktiken fehlt der biblische Auftrag und das biblische Fundament und man muss davon ausgehen, dass wir es dabei nicht mit der Wirkung des Heiligen Geistes zu tun haben. Manchen Menschen mag es nach so einer „Heilung“ scheinbar wirklich besser gehen, aber ich halte das mehr dem Schwarmgeist geschuldet als wirklich „heilender Kraft“. Außerdem wird von dämonischen Belastungen und Schuldgefühlen berichtet. Wer dann nicht geheilt wird, der hat aus Sicht der Charismatiker eben nicht genügend geglaubt. In der Bibel waren die Heilungen ganz anders. Sie kamen aus der Situation heraus, waren unspektakulär, vollständig und umfassend.
Krankheiten können aber auch zur Verherrlichung Gottes dadurch dienen, dass derjenige, der erkrankt ist, diese demütig und geduldig erträgt. Chronisch und z.T. Schwerkranke sind anderen zum Trost und zur Ermutigung grade durch ihr Leid geworden (2. Korinther 1,4-6). Es ergeben sich dadurch manchmal Möglichkeiten der Evangelisation und Seelsorge, die ansonsten ihnen verschlossen geblieben wären.
Die Bibel zeigt uns noch weitere Ursachen (Dämonen / Satan, Vererbung, ein falsches Gottesbild, falsche Glaubensüberzeugungen, etc.) auf die ich an dieser Stelle aufgrund des Umfanges nicht weiter eingehen möchte.
Krankheit und Therapie aus Sicht des „gläubigen“ Patienten
4. Christen können krank werden
Aus dem bisher gesagten ist eigentlich sehr klar ersichtlich, dass auch „treue“ Christen krank werden können. Da dies unter Christen aber immer wieder in Abrede gestellt wird, möchte ich nochmals kurz darauf eingehen.
Als Folge des Sündenfalls sind alle Menschen dem Tod „verfallen“, d.h. der Geist ist „geistlich“ tot, unser aller Seelen rebellieren gegen Gott und unser Körper ist der Vergänglichkeit unterworfen (Krankheit, Verfall und letztlich Tod). Durch die Bekehrung und Wiedergeburt, die durch Jesus Christus geschieht, bekommen wir ein neues Leben. In Epheser 2,4-10 erklärt Paulus was die Errettung bewirkt: „Aber Gott … hat … auch uns, die wir in Sünden tot waren, mit Christus lebendig gemacht.“ Wir werden geistlich wieder zum Leben erweckt. Zur selben Zeit wird unsere Seele – durch Umkehr (Buße) und Glauben, die durch Gott bewirkt wird – von der Rebellion Gott gegenüber befreit.
Unsere Errettung wirkt sich dann aber auch auf unseren Körper aus. Von der Knechtschaft der Sünde befreit, wird unser Körper zu einem Tempel, in dem der Heilige Geist wohnt und unsere Glieder werden zu Werkzeugen der Gerechtigkeit (Römer 12,1). Der Körper bleibt aber letztlich der Vergänglichkeit unterworfen bis zur Wiederkehr Jesu Christi. Dann wird unser Körper in einen unsterblichen Leib wie der Leib Christi verwandelt werden.
Wenn wir aufmerksam die Bibel lesen, finden wir neben dem eben gesagten noch weitere Belege dafür, dass Christen durchaus krank sein können. Der Abschnitt in Jakobus 5,13-18 gibt konkrete Anweisung für Christen, die erkrankt sind. Außerdem finden wir das Paulus krank wird und auch seine treuen Mitarbeiter erkrankten (Epaphroditus: Philipper 2,25-26; Timotheus: 1. Timotheus 5,23; Trophimus: 2. Timotheus 4,20). Selbst Jesus identifiziert sich ausdrücklich mit den Erkrankten, wenn er von dem Wert des Krankenbesuches spricht und in Matthäus 25,39 sagt: „Ich bin krank gewesen und ihr habt mich besucht.“
4.1 Christen können, dürfen und sollten auch medizinische Hilfe in Anspruch nehmen
Bei manchen Christen ist dies nicht selbstverständlich. Die Beobachtung, dass der Arztbesuch des Asa (2. Chronik 16,12) verurteilt wird und der Verheißung „Ich bin der Herr, dein Arzt.“ aus 2. Mose 15,26 führt bei manchen zu dem Schluss, der Einsatz von Medikamenten, Medizin und der Arztbesuch sei für einen Christen nicht statthaft und nicht „gottgewollt“. Dies führt dann zu echten Problemen.
Grundsätzlich kann man sagen, dass in der Bibel weder eine Verherrlichung der Heilkunst noch eine radikale Medizinkritik zu finden ist, sondern sie spricht sehr objektiv darüber.
So finden wir auf der einen Seite eine positive Wertung der Heilkunst. Als Jesus gegenüber den Schriftgelehrten seine besondere Zuwendung zu Sündern erläutert, begründet er dies mit der Tatsache, dass Kranke eines Arztes bedürfen. Er sagt in Markus 2,17: „Die Starken bedürfen keines Arztes, sondern die Kranken“. Diese positive Wertung der ärztlichen Hilfe ist beachtlich. Im Gesetz des Mose war festgelegt, dass wenn jemand einen anderen im Streit körperlich verletzt, er ihm das Ausfallgeld und die Behandlungskosten beim Arzt (!) bezahlen soll (2. Mose 21,19). Es dürfte auch hinlänglich bekannt sein, dass Lukas, einer der Evangelisten Arzt war (Kolosser 4,14).
Auf der anderen Seite ist die Bibel sehr realistisch und zeigt die Begrenztheit der ärztlichen Heilkunst sehr deutlich auf. Ärzte sind keine „Halbgötter in weiß“, sondern Menschen mit sehr begrenzten Fähigkeiten. In manchen Fällen kann von den Ärzten keine wirkliche Hilfe erwartet werden. In Markus 5,25-26 wird uns von einer kranken Frau berichtet, die von vielen Ärzten viel erlitten hatte, all ihr Hab und Gut dafür aufgewandt hatte und es hatte ihr nichts geholfen, sondern es war schlimmer mit ihr geworden.
Ein französisches Sprichwort aus dem 16. Jahrhundert, das zum geläufigen Kernsatz der Palliativmedizin geworden ist, drückt die Aufgaben des Arztes so aus:
Guerir– quelquefois, soulager– souvent, consoler– toujours.
- heilen – manchmal
- lindern – oft
- trösten – immer
Dies deckt sich sehr gut mit meiner persönlichen Erfahrung als Arzt. Ich habe fast täglich Patienten, denen man aufgrund ihrer Erkrankung eine Heilung nicht versprechen kann.
4.2 Christen sollten beten
Das Problem, dass manche Christen keine ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen wollen, betrifft – wenigstens in der westlichen Welt – sicherlich nur eine Minderheit der Christenheit. Viel häufiger erlebe ich leider das genaue Gegenteil davon. Viele Christen stehen in der Gefahr einer maßlosen Medizingläubigkeit anheim zu fallen.
Das Streben nach Gesundheit ist für viele Menschen in Deutschland zu einer Ersatzreligion geworden, mit der Menschen ihr religiöses Vakuum zu füllen suchen. Nachdem sie Gott den Tod erklärt haben, sind die Menschen – um ihr Vakuum zu füllen – heutzutage sehr empfänglich für Ersatzreligionen geworden. Die innere Leere versuchen sie dann mit anderen Dingen zum Beispiel mit fernöstliche Religionen, ausgiebigen Konsum oder eben der „Gesundheitsreligion“ zu füllen. Dieser „Gesundheitsfetischismus“ der westlichen Welt droht unbewusst auch auf die Christenheit überzuschwappen.
In der Tat: Wir kranken an der Gesundheit. Ohne Frage ist die Gesundheit ein hohes Gut, aber wenn die Gesundheit sich verselbstständigt, jedes Mittel recht ist um Gesundheit zu erlangen und man nur noch damit beschäftigt ist gesund zu bleiben, dann hat man nicht verstanden, dass Gesundheit nur eine Rahmenbedingung für das Leben ist, aber eben nicht das Leben selbst. Wir behandeln die Falschen. Unser Problem sind die „Normalen“. Jesus selbst bestätigt dies in Markus 2,17 indem er sagt: „Nicht die Starken bedürfen des Arztes, sondern die Kranken.“
Mit diesem Gesundheitswahn versucht man quasi das ewige Leben im Diesseits zu produzieren, was natürlich ein völlig aussichtsloses Projekt ist. Es ist höchst anstrengend, sehr kostspielig, sehr asketisch, und am Ende stirbt man leider doch. Freilich, auch wer gesund stirbt, ist definitiv tot. Die Bibel spricht bei diesem Projekt unverhohlen vom Götzendienst. Leider erlebe ich das in einem zunehmenden Maße auch bei Christen.
Der regelmäßige Besuch bei diversen Ärzten zur genausten Beobachtung und Buchführung über alle Körperfunktionen (manche holen sich bei Quartalsbeginn 6-8 Überweisungen für diverse Ärzte in der Praxis ab), die regelmäßige Einnahme von verschiedensten nicht benötigten Nahrungsergänzungsmitteln, die dem Kunden gute Gesundheit versprechen und der massive zeitliche Einsatz für den Sport (Sportvereine, Städtemarathons, Fitnessstudios) sprechen dafür, dass es mit dem geistlichen Leben bergab geht. So war es auch bei dem König Asa, der ein zunehmend gottloses Leben führte. „Er suchte auch in seiner Krankheit nicht den Herrn, sondern die Ärzte“ (2. Chronik 16,12). Dies war letztlich ein Ausdruck seines gottlosen Lebens.
Wenn Christen krank werden, sollten sie unabhängig davon, dass sie zum Arzt gehen, sich doch zuerst an ihren Schöpfer wenden (Jakobus 5,13). Gott selbst als der Schöpfer kennt uns als Geschöpfe am Besten und bietet uns seine Hilfe an. Jesus selbst sagt: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.“ (Lukas 11,9). Das ist das Angebot, das uns der allmächtige, große Gott macht. Außerdem sollten Christen in ihrer Not auch um das Gebet von Mitchristen bitten (Jakobus 5,16). „Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist.“
In diesem Zusammenhang muss man sagen, dass der Text in Jakobus 5,14-18 sehr bekannt, aber praktisch viel zu selten konkret beachtet wird. Christen können die Ältesten der Gemeinde zum Gebet rufen. Jakobus gibt uns hier sehr konkrete Anweisungen, wie ein Kranker in seiner Not dabei vorgehen und was die Ältesten der Gemeinde tun sollen. Ich habe immer wieder erlebt, wie viel Segen grade aus dem konkreten Anwenden dieser Anweisungen erwachsen kann.
4.3 Christen können die praktische, pflegende, seelsorgerliche und liebevolle Begleitung der Geschwister in Anspruch nehmen
Leider ergeht es heute vielen chronisch Kranken so, wie dem Schwerkranken vom Teich Bethesda, der auf sein Problem angesprochen eine denkwürdige Antwort gibt: „Herr, ich habe keinen (helfenden) Menschen.“ (Joh 5,7) Das ist eine dramatische Situation. Obwohl so viele Menschen vor Ort waren, war doch jeder mit sich und seinen Problemen beschäftigt und keiner hatte seit Jahren ein Auge, ein Ohr oder eine helfende Hand für diesen Schwerstkranken. Die, denen es gut geht neigen dazu, die Kranken nicht zu bemerken. Auch in dem Gleichnis vom Barmherzigen Samariter (Lukas 10,25-37) sehen wir, dass die geistliche Oberschicht kein Auge für den verletzen und bedürftigen Mann am Wegesrand hat. Erst der Samariter nimmt sich seiner an und Jesus zeichnet ihn wegen seiner umfassenden und guten Krankenversorgung aus.
Unterlassene Hilfeleistung unter Christen zeugt vom Fehlen der wichtigsten Dinge, der Liebe und dem Glauben.
„Wenn aber jemand dieser Welt Güter hat und sieht seinen Bruder darben und verschließt sein Herz vor ihm, wie bleibt dann die Liebe Gottes in ihm?“
1. Joh 3,17
„Wenn ein Bruder oder eine Schwester nackt ist und Mangel hat an täglicher Nahrung und jemand unter euch spricht zu ihnen: Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch!, ihr gebt ihnen aber nicht, was der Leib nötig hat – was hilft ihnen das? So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber.“
Jakobus 2,15-17
Barmherziges Mitleid, das sich dann in ganz praktischer Hilfeleistung zeigt, sollte das Zeichen eines jeden Christen sein. Paulus appelliert in seinen Briefen immer wieder nachdrücklich an das Mitleid unter den Geschwistern (Römer 12,13a; 1. Kor 12,26a). Den Christen in Galatien bescheinigt Paulus, dass sie ein besonderes Mitleid mit ihm hatten. Die Christen in Philippi hatten große Sorge um Epaphroditus, als sie erfahren haben, dass er erkrankt sei und Paulus sendet ihn nach seiner Genesung sofort zu den Philippern. Auch zahlreiche andere Gläubige des Neuen Testamentes zeigen wahre Anteilnahme für die anderen notleidenden Christen (z.B. Hebräer 10,33-34).
Es bleibt in vielen der Fälle nicht nur beim Mitgefühl, sondern es kommt in unterschiedlicher Form auch zum helfenden Handeln.
Als Jesus vom Gericht in der Endzeitrede in Matthäus 25,34-40 spricht, geht es um die konkrete, praktische Hilfe der Christen untereinander. Dabei bezieht Jesus diese Hilfe der Geschwister untereinander direkt auf sich:
„Da wird dann der König sagen zu denen zu seiner Rechten: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbt das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt! Denn ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir zu trinken gegeben.
Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen.
Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank gewesen und ihr habt mich besucht. Ich bin im Gefängnis gewesen und ihr seid zu mir gekommen.
Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dir zu essen gegeben?
Oder durstig und haben dir zu trinken gegeben?
Wann haben wir dich als Fremden gesehen und haben dich aufgenommen?
Oder nackt und haben dich gekleidet?
Wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen?
Und der König wird antworten und zu ihnen sagen: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“
Diese Bibelstelle verpflichtet Christen sich der Kranken umfassend anzunehmen.
Auszug aus dem CDK Rundbrief Nr. 81
RB 81 Seiten 7-16.pdf
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Fotonachweis: Diagramme Dr. R.Hamm, Foto Fotolia.com