Ich bin krank gewesen & ihr habt mich besucht
Autor: Inge Fischer
Innerhalb meiner Beschäftigung mit dem Christentum in der Antike, insbesondere mit der damaligen Krankenversorgung, beeindruckte mich sehr, wie unerschrocken Christen auch angesichts eigener Gefährdung für Leib und Leben Kranke und Schwache pflegten. Der damalige Staat hatte nichts für diese Menschen übrig. Kranke oder schwache Menschen galten als wert- und nutzlos. Doch in der Bibel in Matthäus 25,36b finden wir die entgegenstehende Aussage: „Ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besucht.“ Christen füllten durch ihre Hingabe an Gott Lücken aus, die ein gottloser Staat zu schließen nicht willens und auch nicht fähig war. Die Angst vor Ansteckung und Gefahr war für die Menschen oft zu groß, um ans Helfen Schwacher überhaupt zu denken. Das praktische Zeugnis der Christen für ihren Gott der Liebe dagegen, nämlich sogar das Risiko in Kauf zu nehmen, selber krank zu werden oder zu sterben, war immens und beeindruckend. Die Christen setzten praktisch um, was es heißt, Gott und den Nächsten zu lieben. Sie hatten eine Antwort auf aussichtslose Situationen. Wie ist es heute? Sind Christen heute nicht genauso aufgerufen, Lücken zu füllen, die sich auftun? Dieser Gedanke beschäftigte mich so sehr, dass ich den Entschluss fasste, Patienten im Krankenhaus zu besuchen. Denn sie erleben immer mehr, wie hektisch die Behandlungsprozesse ablaufen und wie kaum noch Zeit für ihre innere Not aufgebracht werden kann. Barmherzigkeit und Nächstenliebe in der Pflege sind heute nicht die ersten Prämissen, die in der Ausbildung vermittelt werden. Wachsender Personalmangel und Zeitdruck erschweren eine notwendige Zuwendung zusätzlich. Die starke ökonomische Ausrichtung in den Gesundheitseinrichtungen sorgt dafür, dass eine adäquate und für beide Seiten zufriedenstellende empathische Begleitung durch die Mitarbeiter oft unmöglich ist. Sie verstellt auch die Tatsache, dass Kranke niemals und schon gar nicht primär mit der betriebswirtschaftlichen Sicht des Kunden in Verbindung gebracht werden können, was leider zunehmend der Fall ist. Aber sind diese genannten Entwicklungen die alleinigen Gründe für diese Zustände? Fehlt nicht auch der Blick für die wahre Situation vieler Patienten? Denn Krankheit und gesundheitliche Einschränkungen stellen oft lebensverändernde Einschnitte dar, die Angst machen. Das bisher gewohnte Leben kann manchmal ganz schnell aus den Fugen geraten und Fragen brechen auf, zum Beispiel nach Sinn und Ziel des Lebens. Manche Patienten sehnen sich gerade deshalb nach Zuwendung, Trost und Ermutigung. Wenn nicht mehr das Essen und die Zimmerqualität die erste Rolle spielen, was können Beschäftigte im Gesundheitswesen darüber hinaus geben? Sind sie selber getröstete und hoffnungsvolle Menschen? Woher beziehen sie Hoffnung? Welchen Trost haben sie, wenn Medizin nicht mehr helfen kann und Pflegekräfte ohnmächtig vor manchen Situationen stehen? Nach Beendigung meines langen Berufslebens in verschiedenen Funktionen des Pflegedienstes (Praxis, Lehre, Leitung), entschloss ich mich, am ehrenamtlichen Besuchsdienst im Krankenhaus meiner Region teilzunehmen. Die Organisation und das Tätigkeitsspektrum dieser sogenannten Grünen Damen können sich innerhalb der Krankenhäuser unterscheiden – je nach Leitung und Ausgestaltung vor Ort. Bei uns ist es so, dass jede Mitarbeiterin eine feste Station bekommt und sich auf einen bestimmten Wochentag festlegt. Wir sind völlig frei in unserem Einsatz, auch zu welcher Uhrzeit wir kommen oder wie lange wir bleiben. Genau das hat mich ermutigt und mir entsprochen! In einem Informationspapier, das mir die Leiterin in der Einführung aushändigte, stand zum Profil des Dienstes: kleine Handreichungen, Hilfe zur Selbsthilfe, bei essen und trinken unterstützen, uns Zeit nehmen für die Kranken, mit ihnen sprechen, zu schweigen, zu beten, Angehörige begleiten und zeitweise entlasten, Mut machen. „Beten“, das ermutigte mich. Denn ich hatte bereits davon gehört, dass es in manchen Einrichtungen verboten sei, zu missionieren. Man müsse sich „neutral“ verhalten. Und nun sah ich sozusagen grünes Licht dafür, nämlich wenn Gott es schenken würde, auf ihn hinzuweisen und sein Wort weiterzugeben. So gehe ich über die Station, ausgerüstet zum Beispiel mit schönen Bildkarten mit Bibelvers und Texten oder kleinen Broschüren. Das alles befindet sich in meiner Kitteltasche. Gerüstet zu sein heißt aber auch, im Vertrauen auf den Herrn zu gehen und zu beten. Deshalb bin ich für Gebetsunterstützung dankbar. Nach einem Dreivierteljahr als Grüne Dame konnte ich feststellen, dass dieses Ehrenamt überwiegend positiv auf- und angenommen wird. Auch wenn natürlich nicht alle Patienten den Dienst in Anspruch nehmen, so begrüßen es bisher die meisten, dass es ihn überhaupt gibt. Ich weiß nie, was mich erwartet, wenn ich auf der Station beginne. Vom Pflegepersonal darf ich eine Patientenliste erbitten. Darauf stehen Name, Zimmernummer und Alter der Patienten. Zusätzlich auch manche Hinweise, wie zum Beispiel, dass eine Reha oder eine bestimmte Untersuchung geplant ist. Das Pflegepersonal selbst äußert sich mir gegenüber so gut wie nicht. Aber die Anwesenheit der Grünen Dame ist es gewohnt und lässt sie frei gewähren. Die Fluktuation der Pflegekräfte nehme ich als hoch und die Verweildauer der Patienten als kurz wahr. Selten sehe ich einen Patienten zweimal. Ich bin auf einer großen chirurgischen Station tätig. Dort gibt es 33 Zimmer mit jeweils zwei bis drei Betten. Die Station ist fast immer voll belegt und nicht immer schaffe ich es, in alle Zimmer zu gehen. Bevor ich anklopfe, bete ich kurz still. Dann trete ich ein und begrüße die Patienten. Mir ist es wichtig, einen ruhigen, freundlichen, aber auch einen munteren Ton zu finden. Manchmal gibt es bereits eine Reaktion eines Patienten und ich stelle mich darauf ein, so gut ich kann. Augenkontakt ist sehr wichtig und wenn ich merke, dass mir der Patient vertraut, ist das eine gute Ausgangssituation für alles Weitere. Ich laufe nicht zu schnell von Bett zu Bett, sondern bleibe vor den Betten stehen und schaue in die Gesichter der Patienten. Nie geht es nach Schema F und das ist sehr interessant und abwechslungsreich. Manche Patienten fragen etwas oder wollen Näheres zu meinem Dienst wissen. Manchmal frage ich etwas oder ich entdecke einen Anknüpfungspunkt für ein Gespräch. Zum Beispiel nehme ich wahr, dass etwas auf dem Boden liegt, dass der Patient nicht gut liegt, dass gelüftet werden müsste, dass die Wasserflaschen (die jeder Patient bekommt) leer sind, und so weiter. Oder ich sehe Hilfsmittel und Verbände am Körper, die mir als gelernte Krankenschwester vermitteln, um welches Gesundheitsproblem es sich handeln könnte. Ich staune oft, wie bereitwillig mir viele Patienten dann auf eine Frage von mir zu erzählen beginnen. So entwickelt sich manchmal ein Gespräch, in dem ich mehr über den Patienten, seine Situation und seine Empfindungen erfahre. Von einigen Begegnungen will ich berichten: Da war ein selbstständiger Unternehmer, der nach einem Unfall nun einige Monate ausfallen wird. Meine erste Vermutung war, dass er als jüngerer, auf mich modern wirkender Mann möglicherweise nichts mit Glauben am Hut haben könnte. Nachdem ich ihm zuhörte, welche Auswirkungen sein Unfall für sein Geschäft haben würde, schaute er auf das Kreuz im Patientenzimmer und meinte, dass Gott wohl wisse, was er täte. So konnte ich anknüpfen und er nahm auch eine Karte mit einem biblischen Wort an. Ein anderer Patient saß am Tisch vor seinem Laptop. Es schien so, dass er kein Interesse an einem Besuch hatte. Eine banale Frage meinerseits, ob er beruflich am Laptop arbeiten würde, führte dann doch dazu, dass er anfing von seiner Situation zu erzählen. Er wurde von einer schlechten Diagnose überrascht und war nun beschäftigt damit, ein aus seiner Sicht dafür besser geeignetes Krankenhaus zu finden. Auch sagte er mir, dass er selbst keinen Glauben an Gott brauche. Wenn den jemand brauche, dann würde er das akzeptieren, aber er selbst brauche das nicht. Er lasse die anderen leben, wie sie wollen und so wünsche er auch behandelt zu werden. Ich stockte innerlich. Was kann ich jetzt sagen? Und dann erlebte ich, dass ich doch Worte finden durfte, um ihn „vorsichtig“ dafür zu gewinnen, dass es ernst damit sei, wie Gott der Schöpfer über unser Leben denken würde. Zum Schluss nahm er dann doch ein Bibelwort an. Er steckte es in seine Handytasche. Ich frage übrigens immer, ob ein Patient die Karte oder das Heft haben will. Aus solchen Situationen lerne ich, wie ich mich in meiner Einschätzung eines Menschen täuschen kann und manch einer doch nicht so sicher ist, wenn er meint, Jesus Christus nicht zu brauchen. Ein anderes Mal stand ich am Bett einer alten Patientin, die sehr schwach war. Ziemlich unvermittelt sagte sie: „Dass Jesus sterben musste, das verstehe ich nicht.“ Darauf durfte ich mir etwas Zeit nehmen und ihr erläutern, warum Jesu Tod für uns notwendig war, und dass wir ihn als Erlöser annehmen müssen. Was sie damit machen wird, konnte ich nicht mehr erfahren. So viele Faktoren spielen eine Rolle dabei. Wen habe ich vor mir? In welcher Situation befindet er sich? Welche Not, welche Frage hat er? Geht es ihm nur um belangloses Reden, etwa, um lediglich Ablenkung zu finden? Oft entdecke ich erst während des Gespräches, was zu sagen ist. Es ist eine Gratwanderung, im Gespräch warten zu können, aber auch im richtigen Moment das Richtige zu sagen. Sowieso ist es unglaublich herausfordernd, Menschen, die man nicht kennt, zu begegnen und hilfreich für sie sein zu dürfen. Und dann dem Herrn zu überlassen, was er mit dem ausgestreuten Wort macht. Ihm und seiner Macht will ich vertrauen. Ich habe mich auch damit beschäftigt, wie Jesus Kranken begegnet ist. Besonders im Lukasevangelium ist viel darüber zu finden. Davon kann ich viel lernen. So hat Jesus zum Beispiel nach dem Willen des Kranken gefragt und er hatte immer seinen geistlichen Zustand im Blick. An einem anderen Tag saß ich am Bett einer schwerkranken älteren Patientin. Vorher fragte ich sie, ob ich mich setzen dürfe. Es war in einem Einzelzimmer. Im Gespräch fasste ich Mut, sie zu fragen, wie sie über Ewigkeit denken würde. Ich war entsetzt, als sie antwortete: „Das lasse ich offen.“ Innerlich bewegt, dass sie von meinem Gesamteindruck her wohl nicht mehr lange zu leben hatte, sagte ich ihr, dass wir alle einmal vor Gott stehen und dass wir die Erlösung durch Jesus Christus brauchen würden, weil wir ohne ihn verloren sind. Sie reagierte nicht darauf. Ich fragte, ob ich ihr etwas vorlesen darf. Das bejahte sie und ich hatte einen passenden Text zu Psalm 23 dabei, den ich las. Mit diesem Psalm habe ich der Patientin erklärt, dass der Herr Jesus dieser gute Hirte ist und die Menschen ruft. Ich betete noch dafür, dass sich die Patientin diesem Herrn zuwenden möge. Bei dieser Situation konnte ich nicht anders, als „steil“ einzusteigen und von der Ewigkeit zu sprechen. Ich sah ja wie schlecht es der Frau ging. Und doch ist es so, dass der Herr mich führen und mir aufs Herz legen muss, was ich sagen soll. Ohne ihn kann ich nichts tun, wie es uns Johannes 15,5 sagt! Einen alten Herrn traf ich fertig angezogen auf seinem Bett sitzend an, seine Tasche war gepackt. Er wartete auf sein Taxi. Wir kamen ins Gespräch. Er erzählte mir, dass er gestern wegen eines Leistenbruchs operiert worden war. Den habe er sich vermutlich beim „Lupfen“ seiner Frau zugezogen, die in der Mobilität eingeschränkt sei. Nun sei die Ehefrau selbst in einem anderen Krankenhaus, weil eine Unterschenkelamputation vorgenommen werden musste. Wie dann die häusliche Situation gemeistert werden könne, sei noch unklar. Er wirkte allerdings nicht niedergeschlagen deswegen. Als ich den Glauben ins Gespräch brachte und ihm ein Bibelwort anbot, lehnte er mit der Begründung ab, dass er die Tasche ja schon gepackt habe. Dann begann er mir zu erklären, dass Gott die Menschen gar nicht vor Gericht ziehen könnte. Millionen von Menschen wären im Krieg verstümmelt worden und es kämen immer wieder Tote hinzu, die er nicht „zusammensetzen“ könne. Unglaublich, dachte ich, was sich Menschen so zurecht denken. Er zeigte sich wenig bereit, zu überlegen, dass der einzige Gott des Himmels und der Erde heilig und allmächtig ist und dass es für ihn kein Problem ist, seine Geschöpfe zur Verantwortung zu ziehen. Später meinte er, er hätte auch ein bisschen Spaß gemacht. Wir wurden unterbrochen. Eine Krankenschwester kam herein, dann eine Ärztin. Ich verabschiedete mich von Erich, so sollte ich ihn anreden. Er meinte noch, es sei schade, dass wir nicht noch weiterreden könnten. Ich ging ins nächste Zimmer. Danach schaute ich aber nochmal bei ihm vorbei. Er war noch da und allein mit dem Mitpatienten. Ich sprach ihn erneut an und verdeutlichte ihm, dass es für mich kein Spaß ist, wenn man über solche ernsten Dinge wie vorhin sprechen würde. Ich legte ihm sehr nahe, die Bibel zu lesen, um zu erfahren, was wirklich wahr ist. Dann wurde er abgeholt, weil das Taxi da war. Ein Mann in einem Dreibettzimmer, der einer Wirbelsäulenoperation entgegensah, erzählte mir bereitwillig von seiner Situation. Ich staunte wieder, dass ein Patient auf eine anteilnehmende Frage von mir so bereitwillig anfängt zu erzählen. Dieser Mann, im Arbeitsleben stehend, geschieden und ohne Anteilnahme seiner Eltern, muss schauen, wer ihm Wäsche bringt. Ich dachte darüber nach, wie viele Scherben es in seinem Leben gibt. Hier fragte ich, wie er denn damit zurechtkommt, wenn so manches in seinem Leben nicht gut läuft. Die Antwort war oberflächlich. Für mich bot dies einen Anlass, um ihm zu sagen, wie ich als Christin mit Niederlagen und Problemen umgehen darf. Dass ich einen Gott und Herrn habe, dem ich vertrauen, den ich um Hilfe bitten darf. Darauf antwortete er: „Ich bin Heide.“ „Wie tragfähig ist das?“, fragte ich zurück. Darauf hatte er eigentlich keine Antwort. Er signalisierte mir gegenüber in Bezug auf den Glauben eher Ablehnung. Wir kamen trotzdem noch über das Leben und über Hoffnung ins Gespräch. Ich erzählte, was mir der Glaube an Jesus bedeutet und dass ich weiß, dass er in allen Situationen meines Lebens dabei ist und immer das Beste will. Was aus dem Gespräch wird, muss ich Gott überlassen. Ich finde es erschreckend, wenn Menschen die wichtigsten Fragen, nämlich, was der Sinn des Lebens ist, was nach dem Tod kommt und das sicherste Ereignis im Leben, nämlich sterben zu müssen, derartig verdrängen oder oberflächlich behandeln. Nicht nur einmal erlebte ich das bei meinen Besuchen. Leider treffe ich immer wieder Oberflächlichkeit an, die mich traurig macht. Manchmal fühle ich mich auch hilflos und mutlos. Deshalb möchte ich nach solchen Begegnungen vor allem für die Menschen beten und sie dem Herrn anbefehlen. Gott ist immer noch mächtig und kann zu ihren Herzen reden. Ein anderes Mal kam ich in ein Einzelzimmer. Die Patientin hatte ein künstliches Kniegelenk bekommen. Ich brachte mein Staunen zum Ausdruck, dass sie so sportlich wirke und doch einen Gelenkersatz gebraucht hätte. Das Gespräch kam in Gang. Sie hätte größeren Blutverlust nach der OP erlitten und fühle sich noch schwach. Ich meinte, dass ich dann doch lieber gehen würde, damit sie zur Ruhe kommen könnte. Doch sie wollte, dass ich einen Stuhl nehme und dableiben sollte. Mir kam es bei ihren Fragen so vor, als wenn sie meine Motivation für den Dienst abtasten wollte. Sie selber könnte Kranke nicht versorgen. Wie man das bewältigen könne? Und dann: „Ohne Glauben an Gott kann ich mir mein Leben nicht vorstellen.“ Darauf konnte ich antworten „Ich auch nicht“. Sie reichte mir die Hand. Wir sprachen über Jesus, der der Herr unseres Lebens geworden ist. Ich freute mich, dass sie darum bat, gemeinsam zu beten. Kranke Glaubensgeschwister zu ermutigen ist ebenfalls ein wichtiger Dienst. Bis jetzt habe ich allerdings erst zwei gläubige Patienten kennenlernen dürfen. Bei einem anderen Gespräch hielt ich mich gerade auf dem Flur der Station auf, als mich ein Angehöriger ansprach. Er erzählte mir, wie lange er mit seiner kranken Frau in der Notaufnahme warten musste, bis man sich ihr zuwandte. Weiterhin erzählte er, dass er katholisch sei und dann im Zusammenhang mit den Problemen unserer Zeit meinte er: „Der liebe Gott war vielleicht etwas müde, als er den Menschen ja erst zum Schluss der Schöpfung geschaffen hat, weil der Mensch doch nicht so gut ausgefallen ist.“ Wie wenig wissen Menschen der Kirche vom Wort Gottes, kam es mir in den Kopf. Ich sagte ihm, dass Gottes Wort berichtet, dass der Schöpfer die Erschaffung des Menschen sogar als „sehr gut“ bezeichnet hat. Dass aber danach ein schreckliches Ereignis passiert ist, nämlich der Sündenfall und dann war der Mensch leider nicht mehr sehr gut. Wir brauchen deshalb die Erlösung von der Sünde und das hat Gott auch für uns „geregelt“, durch seinen Sohn, der für uns am Kreuz gestorben ist. Immer wieder lassen sich einzelne Patienten trösten. Ich wurde schon davon überrascht, dass mir Patienten zunächst nicht so vorkamen, als wenn sie innere Nöte hätten. Erst nach ein paar Sätzen, meinem Blick in ihre Augen, meiner vorsichtigen Nachfrage, öffnete sich manch einer dann doch. Dafür bin ich dann immer besonders dankbar und biete ein Bibelwort an. Immer wieder wird es im Anschluss an ein Gespräch angenommen. Einzelne Patienten fragen auch, wann und ob ich wiederkomme. Ich lerne bei diesem Besuchsdienst viel – über die Menschen, aber auch über mich. So wird mir deutlich, dass ich ohne meinen Herrn gar nicht wüsste, wie ich den mir fremden Menschen weise begegnen könnte. Und dass ich vor Augen habe, dass sie Gottes geliebte Geschöpfe sind, die er ruft. Wenn ich viele ältere Patienten treffe, dann steht mir sehr klar vor Augen, wie schnell das Leben vergeht und wie es treffsicher im Buch des Predigers Salomo heißt: „Und gedenke an deinen Schöpfer in den Tagen deiner Jugend, ehe die bösen Tage kommen und die Jahre herzutreten, da du wirst sagen: sie gefallen mir nicht.“ (Prediger 12,1) Zeiten der Krankheit und Not sind Gelegenheiten, sein Leben vor Gott zu ordnen, ihn zu suchen, die eigene Erlösungsbedürftigkeit und das Heil in Christus zu erkennen und anzunehmen. Möge Gott schenken, dass verlorene Menschen die Chance bekommen, im Krankenhaus von Christus hören. Deshalb bin ich froh, wenn diese Möglichkeit der Krankenbesuche noch lange bestehen bleibt und Gott diesen Dienst zu seiner Ehre gebrauchen kann.
1 Schmidt, Alvin J., Wie das Christentum die Welt veränderte, Resch Verlag, S. 147 ff, S. 179 ff.
2 Bei Grünen Damen oder Grünen Herren handelt es sich um Ehrenamtliche, die in der Evangelischen Kranken- und Alten-Hilfe e. V. (eKH) in Deutschland organisiert sind. Sie unterstützen Patienten und Pflegebedürftige sowie deren Angehörige in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Der Name Grüne Damen/Herren bezieht sich auf die Farbe der Kittel, welche die Ehrenamtlichen tragen.