STIKO – noch vertrauenswürdig?

Autor: Dipl. med. Sabine Kirchner

Die Ständige Impf­kom­mission (STIKO) ist ein un­ab­hängiges, ehren­amt­liches Ex­per­ten­gremium, das Impfempfehlungen für die Be­völk­er­ung in Deutsch­land ent­wickelt. Dabei orientiert sie sich an den Kriterien der evidenzbasierten Medizin und be­rück­si­ch­tigt sowohl den individuellen Nutzen für geimpfte Personen als auch den Nutzen für die gesamte Bevölkerung.

Ihre Arbeit wird von der STIKO-Geschäftsstelle im Fachgebiet Impfprävention des Robert Koch-Instituts koordiniert und durch systematische Analysen der Fachliteratur unterstützt. Ziel ist es, die Impfempfehlungen an neue Impfstoffentwicklungen und Erkenntnisse aus der Forschung optimal anzupassen. Die STIKO gibt neben den Empfehlungen zu Standardimpfungen auch Empfehlungen zu Indikationsimpfungen bei besonderen epidemiologischen Situationen oder Gefährdungen für bestimmte Personengruppen. Diese umfassen auch Impfungen aufgrund von beruflichen beziehungsweise arbeitsbedingten Risiken sowie Reiseimpfungen.

Für die Zulassung eines Impfstoffs ist dessen Wirksamkeit (im Vergleich zu Placebo oder einem bereits verwendeten Impfstoff) und Sicherheit (unter anderem Häufigkeit von Impfreaktionen und Nebenwirkungen) relevant. Darauf aufbauend analysiert die STIKO das Nutzen-Risiko-Verhältnis für die zu impfende Gruppe, unter Einbeziehung der Epidemiologie auf Bevölkerungsebene und der Effekte verschiedener Impfstrategien für Deutschland. Außerdem entwickelt die STIKO Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion von einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung. (1)

Neuausrichtung der STIKO

Am 12. Februar 2024 gab Karl Lauterbach die Bildung einer neuen STIKO bekannt: 14 der insgesamt 19 Sachverständigen kamen neu hinzu. Die konstituierende Sitzung fand am 13. und 14. März 2024 in Berlin statt.

Von den bislang 17 Mitgliedern blieben nur 5 in dem Gremium vertreten.

„Die STIKO hat in der Pandemie große Leistungen erbracht“, erklärt Lauterbach.

„Jetzt wird sie mit vielen neuen Mitgliedern aus sehr unterschiedlichen Fachbereichen jünger und noch interdisziplinärer besetzt. Auch wissenschaftliche und praktische Spitzenkräfte bauen das neue Team auf. Auch in Zukunft werden die Impfkampagnen der Bundesregierung auf der Grundlage der STIKO-Empfehlungen beruhen. Die Unabhängigkeit der STIKO von politischer Einflussnahme hat sich bewährt und bleibt weiter bestehen.“

Neben Expertinnen und Experten aus Immunologie, Mikrobiologie, Pädiatrie, Gynäkologie, Allgemein- und Arbeitsmedizin werde die STIKO künftig um Fachkenntnisse in Modellierung und Kommunikation erweitert. So werden ihr die Kommunikationswissenschaftlerin Prof. Dr. Constanze Rossman von der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie die Epidemiologin Dr. Berit Lange vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung angehören. Lange ist Leiterin der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie und Sprecherin des Modellierungsnetzwerkes für schwere Infektionskrankheiten.

Kritiker mahnen an, dass der personelle Austausch von zweidritteln des Gremiums einen erheblichen Erfahrungsverlust bedeute. So äußert sich beispielsweise der Kinderarzt Prof. Dr. med. Fred-P. Zepp, der seit 1998 über zwei Jahrzehnte in der STIKO tätig war: „Die neue STIKO wird wahrscheinlich eine gewisse Zeit benötigen, um sich in die anstehenden Themen einzuarbeiten und belastbare Empfehlungen vorzubereiten Das ist dem Bundesministerium für Gesundheit aber sicher auch bewusst“. (3)

Politische Einflussnahme auf STIKO-Empfehlungen

Doch bleibt die STIKO wirklich frei von politischer Einflussnahme? Dass die STIKO mitnichten ein unabhängiges Gremium, sondern leit- und lenkbar ist, soll das Beispiel der Corona-Impfempfehlungen für Kinder zeigen.

Neben dem bisherigen Vorsitzenden der STIKO Prof. Dr. Thomas Mertens und seiner Stellvertreterin Prof. Dr. Dr. med. Sabine Wicker schied auch der Immunologe Prof. Dr. med. Christian Bogdan, der sich 2021 gegen eine generelle Kinderimpfkampagne aussprach, welche die Bundesregierung an der Ständigen Impfkommission vorbei vorantrieb, aus dem Gremium aus. Es fehle an ausreichend Daten über Nebenwirkungen, so Bogdan. „Eine Impfempfehlung kann nicht einfach deswegen ausgesprochen werden, weil es gerade gesellschaftlich oder politisch opportun erscheint“. Die Wirksamkeit für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren sei zwar nachgewiesen, aber in Sachen Nebenwirkungen fehlen noch ausreichend Daten. Die Immunantwort eines Kindes kann anders verlaufen als bei einem Erwachsenen. Deswegen braucht man da mehr Daten.“ Beim BioNtech-Impfstoff habe das Paul-Ehrlich-Institut beispielsweise „Hinweise für ein erhöhtes Auftreten von Herzmuskelentzündungen im zeitlichen Kontext zur Impfung, vor allem bei jüngeren Männern mitgeteilt. Ich will nicht die Pferde scheu machen. Aber wir brauchen eben Daten und sollten nicht eine generelle Kinderimpfkampagne starten.“

Ziel müsse es sein, in erster Linie diejenigen durch eine Impfung zu schützen, die ein erhöhtes Risiko haben schwer zu erkranken oder sogar zu sterben. „Eine Impfung von Kindern nur zum Zwecke des indirekten Schutzes anderer ist keine ausreichende Impfindikation. Eine Impfquote von 70 bis 80 Prozent, die als Schwelle für eine sogenannte Herdenimmunität gilt, sei auch ohne die umfassende Impfung von Kindern zu erreichen.

Der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn begrüßte das grüne Licht der EU-Arzneimittelbehörde EMA für eine Zulassung des ersten Corona-Impfstoffs für Kinder. Es sei „eine großartige Nachricht“, dass das in Deutschland entwickelte Präparat auch sicher und wirksam für Kinder ab zwölf Jahren sei, sagte der CDU-Politiker damals in Pretoria am Rande eines Südafrika-Besuchs. Die EMA hatte am Vortag eine EU-Zulassung des BioNtech-Präparats für Kinder von zwölf bis 15 Jahren befürwortet. (4)

Im August 2021 empfahl die STIKO die Corona-Impfung für alle zwölf- bis siebzehn jährigen Jugendlichen (Epidemiologisches Bulletin 33/2021), im Mai 2022 zusätzlich für alle Kinder von fünf bis elf Jahren (Epidemiologisches Bulletin 21/2022). Im November 2022 kam die Impfempfehlung für Kinder mit Vorerkrankungen von sechs Monaten bis vier Jahren, die Impfempfehlung für gesunde fünf bis elf Jährige wurde im gleichen Atemzug zurückgenommen (Epidemiologisches Bulletin 46/2022). Im Mai 2023 wurde Gott sei Dank die Impfempfehlung für Säuglinge, Kinder und Jugendliche ohne Grunderkrankungen zurückgenommen, auch angefangene Grundimmunisierungen sollten nicht mehr vervollständigt werden (Epidemiologisches Bulletin 21/2023).

Was gibt es seit März 2024 neues von der STIKO?

Wie die dts-Nachrichtenagentur am 24. März 2024 aus Berlin berichtete, spricht sich der STIKO-Vorsitzende Prof. Dr. Klaus Überla für Impfungen in Schulen aus. Um die Impfquote gegen HPV-Infektionen bei Jugendlichen zu steigern, sollten dringend neue Wege bestritten werden. Überla kündigte außerdem eine Impfempfehlung gegen RSV-Infektionen bei Kleinkindern an.

Zum HPV-Schulimpfprogramm gibt es bereits eine Etablierung eines HPV-Schulimpfprojektes in Leipzig und Umgebung.

Mit dem Ziel der Verbesserung der Impfbereitschaft und der Erhöhung der HPV-Impfrate gründete 2018 eine Initiative von Ärzten, Apothekern und Gesundheitswirten in Leipzig das HPV-Schulimpfprojekt. Es beinhaltet die Information und Aufklärung der Eltern über HPV innerhalb der regulär stattfindenden Elternabende und das niederschwellige Angebot der Impfung der Kinder im schulischen Umfeld im Intervall. 87,1 % der Eltern beurteilen die Möglichkeit einer Impfung in der Schule positiv. Zudem äußerten 73,9 % den Wunsch nach weiteren Informationen zur Impfung an Schulen. Zum aktuellen Schuljahr 2023/2024 erhielten 147 von 505 angesprochenen Schülerinnen und Schülern in ausgewählten vierten und fünften Klassen ihre erste Impfdosis. (5)

Erinnerungen…

Unser Bruder im HERRN Nico Rudat aus Schorndorf, der in der ehemaligen Sowjetunion geboren wurde, berichtete einmal, dass vor seiner Schule ein Bus vorfuhr aus dem zwei Krankenschwestern ausstiegen und nach der Order die Ärmel hochzukrempeln alle Kinder eine Impfung erhielten. Weder er noch seine Eltern wissen bis heute, um welche Impfung es sich dabei handelte.

Das erinnert mich schon an meine Facharztausbildung in einer Kinderklinik in der ehemaligen DDR. Jeder Assistenzarzt hatte nach Zuteilung eine Kinderkrippe zu betreuen. Dort fanden dann einmal wöchentlich „Mütterberatungen“ ohne Mütter statt. Die Erzieherinnen brachten die Kinder, manche noch im Säuglingsalter und nach der Untersuchung erhielten sie die erforderlichen Impfungen. In der DDR gab es nur Pflichtimpfungen. Bei bestimmten Erkrankungen zum Beispiel bei Frühgeborenen oder neurologischen Erkrankungen durften wir eine Impfrückstellung attestieren. Ein Satz einer älteren Kollegin ist mir bis heute in Erinnerung geblieben: „Beim Impfen sind wir immer mit einem Fuß im Knast!“ Auch das Gesundheitsamt hat regelmäßig die Schüler in den Schulen geimpft. Ich wünsche mir solche Zustände nicht zurück!

Nach § 223 StGB ist eine Impfung ohne Einwilligung des Impflings beziehungsweise bei Minderjährigen seiner Sorgeberechtigten eine Körperverletzung und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden.

Fazit

Wir leben in einer gefallenen Welt mit Krankheiten und Tod und sind dankbar, dass es für viele schwere Erkrankungen die Möglichkeit einer Impfprävention gibt, die wir auch nutzen sollten. Über viele Jahre stand die STIKO für freie und wirtschaftlich wie politisch unabhängige Empfehlungen.  Durch die jüngsten Ereignisse zeigt sich jedoch, dass auch STIKO-Mitglieder stark beeinflussbare Menschen sind. Aus der Corona-Impfmisere sollten wir gelernt haben, STIKO-Empfehlungen nicht unkritisch zu übernehmen. Gott hat uns einen Verstand gegeben oder um es mit Paulus zu sagen: „Prüfet aber alles, das Gute haltet fest!“ (1. Thessalonicher 5,21)

Leider verfolgen viele Wissenschaftler stur ihr Ziel ohne nach rechts und links zu schauen, aus welcher Motivation auch immer. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die neuesten Empfehlungen sich eher an dem aktuellen politischen Kurs als an medizinischer Maßgabe orientieren.

Wenn wir wiedergeborene Christen sind, ist unser Leib ein Tempel des Heiligen Geistes und Gott ist es nicht egal, wie wir mit unserem Körper – seinem Tempel – umgehen. Wir gehören nicht mehr uns selbst, sondern Gott, deshalb sollen wir ihn mit unserem ganzen „Sein“ verherrlichen. (1. Korinther 6,19-20)

Als Ärzte sind wir verpflichtet unsere Patienten aber auch unsere Geschwister in der Gemeinde, die oftmals medizinische Laien sind, nach bestem Wissen und Gewissen aufzuklären und Impfnebenwirkungen sowie Impfversager an das Paul-Ehrlich-Institut zu melden, auch wenn das alles andere als bequem ist und nicht honoriert wird.

 

Quellen:

  1. RKI Stand 29.8.2023
  2. Express.de 9.12.2021
  3. FAZ online 12.2.2024
  4. Weltplus 29.5.2021
  5. Ärzteblatt Sachsen 4/2024
  6. https://www.24vita.de