Volkskrankheit Einsamkeit
Autor: Inge Fischer, im Juni 2024
Scheinbar sind wir Menschen doch eng zusammengerückt seit World Wide Web und social media. In großer Schnelligkeit können wir mit Menschen in der ganzen Welt und zu jeder Zeit kommunizieren. Und doch: die Einsamkeit ist groß, wenn auch (auf den ersten Blick) nicht unbedingt sichtbar.
1. Einsamkeit ist zu einem gesamtgesellschaftlichen Problem geworden
Wenn Sven freitagabends am Stammtisch in der Kneipe sitzt, würde kaum einer auf die Idee kommen, dass er sich einsam fühlt. Aber der 49-Jährige sagt: „Meine Einsamkeit sieht man mir nicht an.“ Sogar Freunde wüssten nicht, dass er sich oft einsam fühle. Die 30-jährige Merle hat sich vor Kurzem einen Hund zugelegt. Etwas besser erträgt sie jetzt ihre Einsamkeit, sagt sie. Trotzdem schaltet sie täglich den Fernseher an, um wenigstens eine Stimme zu hören und eine Geräuschkulisse in der Wohnung zu haben. Gerne würde sie etwas mit anderen Leuten gemeinsam unternehmen, aber ihr fällt keiner ein, den sie fragen kann. Im Dezember 2019 berichtete der Deutschlandfunk darüber, dass Großbritannien der Einsamkeit den Kampf ansagen will und ein eigenes Ministerium gegen Einsamkeit gründen wird: Einsamkeit wird sogar Regierungssache. Neun Millionen Briten gelten als einsam.[1]Laut einer Umfrage im Jahr 2021[2] gaben etwa 41% der Menschen in Deutschland an, sich einsam oder sehr einsam zu fühlen. Der bekannte Neurowissenschaftler und Psychiater Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer[3] gab seinem in 2018 erschienenen Buch den Titel „Einsamkeit – die unerkannte Krankheit“. Einsamkeit ist zur Volkskrankheit geworden.
Vor „Corona“ gaben nur etwa 17% an, sich einsam zu fühlen. Mir fiel in meinen Recherchen auf, dass vor allem seit 2020 bis heute verschiedenste Medien über Einsamkeit berichteten und weiterhin berichten.[4] Der Zusammenhang zwischen den Coronaverordnungen durch die Regierung (2020-2022) und den Auswirkungen wie eben die enorme Zunahme der Einsamkeit lässt sich unschwer erkennen.
Nun will die Bundesregierung gegen Einsamkeit vorgehen.[5]
Im Juni 2024 fand eine Aktionswoche gegen Einsamkeit (vom 17. bis 23. Juni) statt. Zum Auftakt veranstalteten das Kompetenznetz Einsamkeit (KNE) und das Bundesfamilienministerium zum dritten Mal in Folge eine Konferenz zum Problem Einsamkeit.[6] Der 17. Juni 204 wurde als Tag der Einsamkeit deklariert. Bundesfamilienministerin Lisa Paus erklärte ihr Vorhaben, die Öffentlichkeit stärker für das Thema Einsamkeit zu sensibilisieren und es aus der Tabuzone herausholen. „Ob jung oder alt, das Gefühl kann in jedem Alter und in jeder Lebenssituation entstehen“, sagte Paus zum Auftakt der Aktionswoche „Gemeinsam aus der Einsamkeit“. Das Ziel: Menschen zusammenbringen, Hilfsangebote aufzeigen. Millionen von Menschen in Deutschland seien von Einsamkeit betroffen.
Frau Paus nannte Einsamkeit ein „unterschätztes Phänomen“, das langfristig auch der Demokratie schaden kann. „Wer Vertrauen in die Gesellschaft verliert, verliert auch Vertrauen in die Demokratie, politische Teilhabe nimmt ab, genauso wie die Bereitschaft wählen zu gehen“, sagte die Grünen-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Einsamkeit sei nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO genauso schädlich wie Fettleibigkeit, tgl. 15 Zigaretten Rauchen und Luftverschmutzung.
2. Die Coronamaßnahmen haben zu großer Einsamkeit geführt
Trotz vorliegender wissenschaftlicher Erkenntnisse setzte die Regierung umstrittene und unwirksame Coronamaßnahmen durch, die viele junge und ältere Menschen einsam werden ließen. Schulschließungen und Kontaktverbote führten zu schweren psychischen Folgen, besonders bei Kindern, Jugendlichen und Alten[7]. Die Folgen reichen noch in die Gegenwart, beispielsweise durch den Anstieg der psychischen Krankheiten. Die Ärztezeitung warf bereits am 19.10. 2020 die Frage auf, ob mit Corona nicht gleichzeitig auch eine Epidemie der Einsamkeit drohe.
Auch das Ministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend (BMFSFJ) gibt zu, dass sich seit der Corona-Pandemie wesentlich mehr Menschen sozial isoliert fühlen: „Wir wissen, dass das während Corona hochgeschnellt ist auf 40 Prozent in Deutschland“, so die Ministerin. Auch nach Corona habe sich das nicht wieder verflüchtigt. „Wir haben nach wie vor hohe Werte, und besonders junge Menschen und sehr alte Menschen sind davon betroffen.“
3. Wen betrifft Einsamkeit?
Es zeigt sich, dass jeder betroffen sein kann, besonders Jugendliche und im Alter mit jeweils anderen Ursachen und Folgen: im Jugendalter gibt es eine besondere Empfindlichkeit gegenüber sozialem Ausschluss und Einsamkeit. Ursachen für Einsamkeit bei den Jugendlichen gehen auf zwei wesentliche Trends zurück: einmal durch die Urbanisierung. Menschen in Städten fehlen oft persönliche Kontakte und ihr Leben wird für sie anonymer. 1900 lebten 13% der Weltbevölkerung in Städten, heute sind es 50%, 2050 werden es voraussichtlich 70 % sein. Und dann kommt die Mediatisierung zum Tragen: Digitalisierung, Internet, social Media[8], Smartphone. Die Kinder und Jugendlichen von heute haben viel weniger reale Kontakte. Junge Menschen halten sich inzwischen mehr in virtuellen Welten als in der Realität unter echten Freunden auf Die Onlinenutzung ist inzwischen ein wesentlicher Teil der Alltagsgestaltung. [9]
Immer mehr Menschen leben im Alter allein (bundesweit 40% der über 65-jährigen, in Großstädten noch mehr), davon 85% Frauen. Besonders gefährdet sind Menschen in Übergangssituationen im Leben, wie dem Einstieg in Studium, Ausbildung, Beruf und Rente oder wenn die Person einen Schicksalsschlag bewältigen muss, etwa eine Trennung oder den Verlust eines geliebten Menschen. Alleinlebende, Alleinerziehende, pflegende Angehörige sowie Menschen mit eingeschränkter Mobilität, gesundheitlichen Problemen, niedriger Bildung oder geringen finanziellen Möglichkeiten sind mit einem erhöhten Risiko, von Einsamkeit betroffen zu sein, behaftet.
4. Was genau eigentlich ist Einsamkeit? (Merkmale/ Definition)
Einsamkeit wird beschrieben als ein empfundener Mangel an engen, emotionalen Bindungen oder weniger Kontakt zu anderen Menschen zu haben, als man es gerne möchte.[10]
Prof. Dr. Luhmann, eine der führenden deutschen Einsamkeitsforscher, definiert Einsamkeit in Anlehnung an Peplau/Perlman (1982) als „eine wahrgenommene Diskrepanz zwischen den gewünschten und den tatsächlichen sozialen Beziehungen“. Dabei ist die Qualität der sozialen Beziehungen wichtiger als die Quantität (Hawkley et al., 2008). „Einsamkeit ist ein subjektives Gefühl, das von den Betroffenen als schmerzhaft wahrgenommen wird. Im deutschen Sprachgebrauch wird Einsamkeit manchmal auch synonym mit Alleinsein verwendet, z. B. wenn man die Einsamkeit in der Natur aufsucht. Diese Art von Alleinsein wird häufig als positiv empfunden, Einsamkeit (im wissenschaftlichen Sinne) ist dagegen immer negativ.“
Problematisch wird Einsamkeit, wenn das Gefühl der Einsamkeit sich verfestigt und mit einem dauerhaften Leidensdruck einhergeht. Chronische Einsamkeit macht nicht nur unglücklich, sondern ist mit einer Vielzahl an körperlichen und psychischen Erkrankungen verbunden.
Einsam ist man also letztendlich, wenn man sich einsam fühlt!
Ist Einsam oder allein sein das gleiche? Nein, sagen Studien und es hängt auch nicht so stark damit zusammen, wie man denken könnte. Einsamkeit beschreibt das subjektive Gefühl, während „alleine sein“ ein objektiv sichtbarer Zustand ist. Zwar tritt beides häufig zusammen auf, ist aber nicht notwendigerweise miteinander verknüpft.
Es gibt verschiedene Arten von Einsamkeit:
So wird am häufigsten unterschieden zwischen:
- „Sozialer Einsamkeit“ (die Einbindung in ein soziales Netzwerk)
- „Emotionaler Einsamkeit“ (die Qualität der Kontakte)
- „Kultureller Einsamkeit“ (man fühlt sich nicht als Teil der umgebenden Gesellschaft)
5. Was sind Ursachen für Einsamkeit?
Um gegen Einsamkeit vorzugehen, sollten die Ursachen dafür herausgefunden und analysiert werden. Nur so können wirksame Lösungen in den Blick genommen werden.
5.1. Mediennutzung
Unsere Kommunikation hat sich im Vergleich zu früher stark verändert. Einige Beispiele: früher war das Einkaufen im Tante- Emma- Laden zugleich eine persönliche menschliche Begegnung. Es kam zu Gesprächen und Austausch. Seit den später entstandenen Supermärkten geht es beim Einkaufen anonymer zu. Ganz zu schweigen vom Online-Shopping. Wir fragen das Navigationsgerät nach dem Weg und regeln die Bankgeschäfte daheim am PC. Diese und andere modernen Kommunikationswege reduzieren den direkten menschlichen Kontakt und machen uns einsamer.
Wer sich früher unterhalten wollte, ging in die Kneipe. Heute sitzen die meisten Leute stattdessen vor dem Fernseher. Der Zusammenhang zwischen TV-Konsum und Einsamkeit ist schon länger kein Geheimnis mehr.
Die menschliche direkte Dienstleistung wird mehr und mehr wegrationalisiert. Wir reden viel weniger von Mensch zu Mensch. Wir erleben telefonische Warteschleifen oder holen uns Informationen an Automaten. Es wird auch überlegt bzw. schon ausprobiert, über digitale Medien mit dem Hausarzt zu kommunizieren, anstatt von ihm persönlich angehört und untersucht zu werden.
Aber es besteht ein großer Unterschied zwischen medialen Kontakten und dem direkten Umgang mit einem anderen Menschen. Ein direkter Kontakt ist durch nichts zu ersetzen! Selbst große Unternehmen, die mit Geschäftspartnern in fernen Ländern kommunizieren, legen Wert auf eine wenigstens initiale reale Begegnung. Bilder können täuschen und zu falschen Eindrücken führen.
- Veränderungen der Familienstruktur und des Familienlebens:
Eine weitere Entwicklung ist es, dass es immer mehr alleinlebende Zeitgenossen gibt. In 2015 zählte man knapp 41 Mio. Haushalte, davon 17 Mio. Singlehaushalte. Der Anteil der klassischen Familie (Eltern und Kinder) nimmt ab. Gemeinsame Zeiten in der Familie werden seltener, wie z.B. die gemeinsamen Mahlzeiten. Scheidungen nehmen zu, dafür steigt die Anzahl der Alleinerziehenden.
- Auswirkungen der Ichbezogenheit und der Omnipräsenz digitaler Informationstechnik:
Auch mancher Erziehungsstil und Einflüsse von Medien leisten dem Entstehen von Einsamkeit Vorschub. Zum Beispiel wird Kindern eine überbordende Selbstbezogenheit anerzogen. In Medien und Castingshows werden Kinder durch teils fragwürdige „Leistungen“ zu angeblichen Stars hofiert. Anerkannt werden nicht mehr erarbeitete Leistungen, sondern eher verrückte, auffällige Eigenschaften, wer am „schönsten“ oder „verrücktesten“ ist, usw. Unrealistische Vorstellungen, ein bequemes Leben ohne Anstrengung führen zu können, werden genährt. Selfies zählen längst als häufige Fotoobjekte, mittels derer man sich regelrecht wettbewerbsverdächtig präsentieren möchte. All das fördert Selbstverliebtheit mit dem Potential zum Narzissmus[11]. Wesentlicher für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung ist es aber, Empathie zu entwickeln und sich für das Wohlergehen des Mitmenschen zu interessieren. Stattdessen wird maßloser Individualismus und ausgeprägte Ichbezogenheit gefördert. Die heutige Generation, die sogenannten Millennials werden bezeichnenderweise auch als „Generation Ich“/ „Generation Me“ betitelt. Ichbezogenheit ist im Prinzip kein neues Phänomen, aber laut Manfred Spitzer besteht der größte Unterschied im Vergleich zu vor 40 Jahren darin, dass die digitale Informationstechnik[12] omnipräsent ist. Das führte inzwischen zu Veränderungen der Werte, Haltungen, Kommunikation, Aufmerksamkeit und des ganz normalen Handelns im Alltag und ist sehr stark für das Aufkommen von Einsamkeit verantwortlich. Die Veränderungen der Werte zeigen sich beispielsweise darin, dass Mitgefühl und praktische Anteilnahme am Mitmenschen auf der Strecke bleiben.
Inzwischen zeigen Beobachtungen, dass die Digitalisierung die Menschen nicht zusammenbringt, sondern eher eine Zunahme von Unzufriedenheit, Depression und Einsamkeit bewirkt. Insbesondere die Nutzung von sozialen Online-Netzwerken fördert diese Entwicklung.
Ein klarer Zusammenhang zwischen dem Erleben von Einsamkeit und der Nutzung von sozialen Online-Netzwerken wurde nachgewiesen. [13] Es wird auch festgestellt, dass sich Facebook-Nutzung negativ auf das subjektive Befinden auswirkt. Manche werden unzufriedener, werden durch häufiges Vergleichen mit anderen schlechter gelaunt und gefährden sogar ihre realen Beziehungen. „Viele Freunde“ bei Facebook haben und dennoch kann man einsam sein!
Auch das Problem des Cybermobbing mit teils krimineller Ausprägung bis zu Suizidgedanken bei den Betroffenen in der Bevölkerung nicht mehr unbekannt. Jedes 6. Schulkind ist von Cybermobbing betroffen. [14]
6. Auswirkungen der Einsamkeit:
Die Auswirkungen von Einsamkeit sind vielfältig und werden zunächst oft nicht bewusst wahrgenommen.
6.1 Einsamkeit tut weh (neurobiologische Ergebnisse)
Gemeinschaft macht Freude, aber ausgestoßen, von anderen verlassen zu sein und nicht dazu zu gehören, ist schmerzlich. Amerikanische Wissenschaftler haben schon vor über 15 Jahren mittels Nachstellung von Alltagssituationen, in denen eine Person ausgestoßen wird, nachgewiesen, dass dadurch eine gesteigerte Aktivierung in einem bestimmten Bereich des Gehirns messbar ist. (Untersuchungen im MRT). Einsamkeit und Schmerzen werden im gleichen Areal des Gehirns verarbeitet![15]Die Schlussfolgerung liegt auf der Hand: Gemeinschaftserlebnis lindert Schmerzen!
6.2 Einsamkeit löst (Dauer-)Stress aus – Gedanken und Gefühle können krank machen
Akuter Stress durch eine Notfallreaktion kann Lebensrettend sein. Zugleich hat er durch die Ausschüttung von Stresshormonen (Cortisol, Adrenalin, Noradrenalin) aber auch Nebenwirkungen. Dauerstress schädigt das Immunsystem, weil ständig ein Zuviel an Entzündungsstoffen im Körper zirkuliert.
Chronischer Stress ist krankmachend und wird oft nicht bewusst wahrgenommen. Man weiß heute, dass Einsamkeitserlebnisse in der Kindheit (z.B. Vernachlässigung durch die Eltern) sich stärker negativ auswirken als beruflicher Dauerstress! Andersherum gilt: Das Leben in Gemeinschaft senkt das Stressniveau, baut Stress ab.
Ein zurückgezogenes Leben, sich dauerhaft einsam fühlen, senkt die Lebensqualität und wirkt sich negativ auf die körperliche Gesundheit aus. Das Risiko eines erhöhten Sterbe- und Krankheitsrisikos kann daraus entstehen, wie nachfolgend dargestellt wird.
6.3. Einsamkeit als Krankheitsrisiko
Durch Einsamkeit steigt Wahrscheinlichkeit folgende Krankheiten zu bekommen:
Hypertonie, Stoffwechselstörungen (Übergewicht, Diabetes), Gefäßkrankheiten (Schlaganfall, koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt), Schlafstörungen, Depression, Lungenkrankheiten, Infektionskrankheiten (Schwächung des Immunsystems), Krebs.
Einsame Kinder und Jugendliche weisen als junge Erwachsene mehr Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf und haben ein um 37 Prozent höheres Risiko, Herz-Kreislauf- Erkrankungen zu entwickeln, unabhängig von anderen bekannten Risikofaktoren wie Stress durch ungünstige Lebensereignisse, Armut, geringer IQ, Übergewicht als Kind, Bewegungsmangel sowie Alkohol- und Tabakkonsum. Das Erkrankungsrisiko dieser jungen Erwachsenen (für jegliche Erkrankungen) war gegenüber Studienteilnehmern, die während ihrer Kindheit und Jugend nicht einsam waren, um 158 Prozent erhöht. [16]
Einsamkeit im Alter verstärkt den Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit und ein schnelleres Fortschreiten einer Demenz. Bei Menschen, die wenig soziale Kontakte haben und älter als 50 Jahre sind, nimmt die Struktur der grauen Hirnsubstanz im Zeitverlauf stärker ab als bei Personen, die weniger isoliert sind. [17]
- Einsamkeit verstärkt Sucht und viele Psychosen. Das Ziel psychiatrischer Prävention und Therapie ist deshalb die soziale Teilhabe und Gemeinschaft.
- Einsamkeit ist auch oft das Problem psychisch Kranker. Das Suizidrisiko ist hoch.
6.4. Mortalität durch Einsamkeit
Sowohl objektiv bestehende soziale Isolation als auch das Erleben von Einsamkeit gehen mit einem erhöhtem Sterberisiko einher (Studienergebnisse groß angelegter Studien, USA, Schweden, Finnland mit tausenden Teilnehmern)[18]. Forscher der Harbin Medical Universitiy in China werteten 90 Untersuchungen mit mehr als 2,2 Millionen Teilnehmern aus und stellten fest, dass ein Mangel an sozialen Kontakten im Mittel mit einem um etwa 32 Prozent höheren Sterberisiko einhergehe, das Gefühl von Einsamkeit mit einem um etwa 14 Prozent höheren Risiko. [19]
Die negativen Auswirkungen von Einsamkeit und sozialer Isolation auf Gesundheit und Lebenserwartung sind größer als die Risikofaktoren Luftverschmutzung, Bewegungsmangel, mangelhafte Ernährung, Übergewicht, starker Alkoholkonsum![20]
Dass Verheiratete grundsätzlich länger leben würden als Unverheiratete, lässt sich nicht so einfach behaupten. Die Qualität einer Beziehung muss als wesentlicher Faktor dazu kommen. Dabei kommt noch hinzu, dass sich Frauen eher einsam fühlen als Männer, obwohl sie durchschnittlich mehr soziale Kontakte als Männer haben.
7. Auswege aus der Einsamkeit
Aus der Einsamkeit herauskommen, aber wie? Im Folgenden werden verschiedene Wege und Aspekte dargestellt. Ich beginne mit der Darstellung von vier unterschiedlichen Interventionen nach Erhebung einer Metanalyse, die zum Einsatz[21] kamen:
- Die Kontaktmöglichkeiten sollten vermehrt werden. Aber das brachte keine wesentlichen Auswirkungen auf das Erleben von Einsamkeit.
- Soziale Unterstützung minderte zwar die Einsamkeit, allerdings nur mittelmäßig.
- Soziale Fähigkeiten sollten trainiert werden. Aber auch das zeigte keine wesentlichen Auswirkungen auf das Erleben von Einsamkeit.
- Eine Kognitive Verhaltenstherapie zum Erlernen neuer Gedanken zeigte den größten Effekt.
Die Lösung nach den Studien lässt aufhorchen:
Beim einsamen Menschen treten oft automatisch negative Gedanken im Hinblick auf andere Menschen im Allgemeinen und spezielle Kontakte im Besonderen auf. Wie ein unsichtbares Gefängnisgitter umschließt es den Einsamen. Die Lösung bestünde darin, dieses Gefängnisgitter aufzubrechen. [22]
Aber können wir das aus eigener Anstrengung schaffen? „Negative Gedanken“ ändern? Was sagt Gottes Wort dazu?
„Lasst euch umgestalten durch die Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist!“ (Römerbrief, 12,2)
„Jene rühmen sich der Wagen und diese der Rosse; wir aber des Namens des Herrn, unseres Gottes.“ (Psalm 20, 8)
„Meine Seele wird satt wie von Fett und Mark, und mit jauchzenden Lippen lobt dich mein Mund, wenn ich deiner gedenke auf meinem Lager.“ (Psalm 63,7)
„Was wahrhaftig, ehrbar, gerecht, rein, liebenswert, wohllautend, was irgendeine Tugend oder ein Lob ist, dem denket nach!“ (Philipper 4, 8)
Das heißt, Gott möchte unser Herz (unser Innerstes, unser Denken) verändern. Dazu müssen wir ihm unser ganzes Leben anvertrauen und ihn darüber Herr sein lassen. Entscheidend ist dann weiterhin, dass wir uns dazu entscheiden, uns auf das zu besinnen, was ihn ehrt.
Weitere Empfehlungen/ Angebote und Auswege aus unterschiedlicher Literatur:
- Geben: wir sollten lernen zu geben.
Das vermittelt uns längst das Wort Gottes: In Apostelgeschichte 20, 35 lesen wir, dass Geben seliger als nehmen ist und Paulus schreibt, dass Gott einen fröhlichen Geber liebhat. (2. Korintherbrief 9,7)
In Befragungen zeigte es sich: wer erhaltenes Geld (z.B. Bonus) für andere ausgegeben hatte, war danach glücklicher als einer, der es für sich behalten hatte. Mehr Geld bringt nicht mehr Glück! Geben macht glücklich. Egoismus macht nicht glücklich, das zeigte sich bei entsprechenden Versuchen!
- Geld nicht (nur) für Sachen ausgeben, sondern für gemeinsame Erlebnisse.
- Helfen: freiwillige Helfer erleben sich deutlich gesünder als Nicht-Helfer. Wer einem Ehrenamt nachgeht, ist im Mittel so gesund wie jemand, der volle fünf Jahre jünger ist und kein Ehrenamt ausführt. Natürlich spielen die Bedingungen des Helfens eine Rolle, denn ansonsten müssten alle Pflegepersonen glücklich sein.
- Musizieren, singen, tanzen
- Bewegung, wandern, etwas bauen/ sammeln – am besten gemeinsam.
- Singen! Es sollte wieder mehr gesungen werden: zuhause, in den Gemeinden, in den Schulen und den Kindertagesstätten.
Zu den vielfältigen Anregungen wie aus „einsam“ wieder „gemeinsam“ werden kann, sollte man sich vor Augen halten, dass nicht alles, was gut gemeint ist, auch immer funktioniert. Wie ein einsamer Mensch denkt und fühlt, ist für einen Außenstehenden nicht immer nachvollziehbar. Ratschläge wie „Geh doch in die Gruppe XY“, sind nicht immer das, was dem Betroffenen hilft. Manche Kontaktmöglichkeiten überfordern manch einen. Mancher Betroffene ist sehr sensibel und verletzbar. Deshalb reagiert er möglicherweise auf ein Gesprächsangebot mit Rückzug oder Ablehnung.
Zu bedenken ist auch, dass Einsamkeit kein Schicksal ist, denn jeder Einzelne kann sich um einen anderen kümmern und sei dieses Kümmern noch so unscheinbar. Der Anfang kann sein, dass man sich für das Wohlergehen des Nächsten überhaupt interessiert, z.B. danach fragt:
- Gehe ich auf andere zu bzw. helfe ich anderen, kümmere ich mich um andere?
- Habe ich Mitgefühl für sensible Menschen, die Hemmungen haben, zu schüchtern sind, um auf andere zuzugehen?
Jeder kann auch irgendetwas gut. Jeder kann mit seinen Gaben/ Fähigkeiten helfen und anderen Menschen dienen. Warum nicht selber aktiv werden und sich in der Gemeinde um Einzelne praktisch kümmern, besuchen oder mitarbeiten in der Seniorenarbeit oder Familien entlasten. Sich vornehmen, einen bestimmten Menschen regelmäßig anzurufen oder einen anderen, von dem man lange nichts mehr gehört hat.
- Nehme ich die anderen, z.B. die alleinstehenden und einsamen Menschen in meiner Umgebung/ in meiner Gemeinde wahr?
- Wird mein Glaube ganz praktisch, indem ich zum Beispiel Waise und Witwen besuche und ihnen helfe? (siehe Jakobus 1,27)
Statt auf Gemeinschaft lediglich zu warten, ist es viel besser, Gemeinschaft aktiv zu suchen und zu pflegen. Vor allem auch überlegen, wie man Gemeinschaft selber anbieten und mit anderen Menschen Unternehmungen teilen könnte.
Es gibt weitere Anregungen, die in verschiedenen Zeitschriften oder in Mitteilungen des Wohnortes zu finden sind. Solche sind z.B. Generationencafés, Spiel- und Musiknachmittage, Wanderungen, Ausflüge, Repaircafés, Mitfahrgelegenheiten nutzen, Tiere pflegen und hüten, als Lesepate an Schulen helfen, sich um Enkel kümmern, Alltagsbegegnungen nutzen zum Plaudern (Gartenzaun, Wartezimmer), ein neues Hobby, eine neue Sprache lernen. Durch freundliches Interesse werden menschliche Begegnungen zu bereichernden Erlebnissen. Manche sagen dazu, diese sind wie „Kitt“, der zusammenhält.
Das Ausmaß der eigenen Nutzung von Onlinemedien, social media sollte man auch einmal selbstkritisch prüfen!! Ob das vielleicht ein Grund ist, sich einsam zu fühlen? Ist man selbst zu viel online und zu wenig in wirklicher Gemeinschaft? Der Online-Gottesdienst ist nie das Gleiche wie persönlich am Gottesdienst teilzunehmen und mit den Glaubensgeschwistern Gemeinschaft zu pflegen!
Christen sollten nüchtern prüfen, welche der publizierten Anregungen/ Angebote zu einem Leben in der Nachfolge Jesu passen. Dazu gehört es auch zu überlegen, welche zeitliche Priorität diese bekommen sollen.
8. Gemeinschaft und Einsamkeit aus biblischer Sicht:
Gott hat das Bedürfnis nach Gemeinschaft geschaffen:
Er hat uns als Beziehungswesen geschaffen. Wir sind zur Gemeinschaft seines Sohnes, des Herrn Jesus Christus berufen (1. Kor. 1,9), Gott hat die menschliche Gemeinschaft geschaffen (Ehe, Familie, Gemeinde) und wir sollen sie mit seiner Hilfe zu Seiner Ehre gestalten.
Seit dem Sündenfall empfinden wir allerdings schmerzliche Lücken und manches Versagen. Die Gemeinschaft unter uns ist durch die Auswirkungen des Sündenfalls beschädigt. Das erschwert es uns, in ungetrübte Gemeinschaft mit anderen zu kommen.
Deshalb dürfen und sollten wir Gott um Hilfe bitten, wenn wir (gute) Gemeinschaft vermissen, ob allein, verheiratet, geschieden, verwitwet.
Als Christ allein
Manche Christen leben allein, weil sie ledig, geschieden oder verwitwet sind. Manche stehen allein mit dem Glauben an Jesus. Das kann in Ehe und Familie, am Arbeitsplatz, am Studienort oder Ausbildungsplatz oder am Wohnort sein. Durch Verfolgung und Gefängnisstrafen gehen manche Glaubensgeschwister in der ganzen Welt ihren Weg allein.
Man kann als Christ auch die Erfahrung machen, innerlich allein zu sein, weil Keiner in der Nähe ist, der im Wort Gottes geübt oder gewachsen ist, der gelernt hat zu unterscheiden und „feste Speise“ verträgt (s. Hebräerbrief 5, 11-14).
Paulus beschreibt die traurige Erfahrung, dass er niemanden von gleicher Gesinnung hat und dass alle nur für ihre eigenen Anliegen sorgen (Philipperbrief 2,19-21). Er kannte Verlassenheit: „Bei meiner ersten Verantwortung vor Gericht stand mir niemand bei, sondern alle verließen mich; es sei ihnen nicht zugerechnet! Der Herr aber stand mir bei und stärkte mich…“ (2. Tim. 4,16-17)
Elisa betet für den verängstigten Diener, der sich dem syrischen Heer ausgeliefert und verloren sieht: „Herr, öffne ihm doch die Augen, dass er sehe!“ Was soll er sehen? „Derer, die bei uns sind, sind mehr, als derer, die bei denen sind!“ (2. Könige 6,15-17).
Jeremia, unverstanden von einem unbußfertigen Volk, angefeindet und gehasst, leidet für das Wort, bleibt trotzdem furchtlos und treu. „Ich bin der Mann, der tief gebeugt worden ist durch die Rute seines Zorns… „(Klgl. 3, 1 ff.) Ab V.21: „Dieses aber will ich meinem Herzen vorhalten, darum will ich Hoffnung fassen:…V.26: „gut ist‘s, schweigend zu warten auf das Heil des Herrn.“
Wir können daraus lernen: in Zeiten der Bedrängnis, in denen das Alleinsein sogar bedrohlich werden kann, sollen wir unser Vertrauen weiterhin unerschütterlich auf Gott setzen, der sich der Seinen annimmt und auf seine Weise zur rechten Zeit helfen wird.
David gibt uns in einigen seiner Psalmen Einblick in seine eigene Not und Einsamkeit, z.B. Psalm 31 (s. V. 11,12, 13). Er entschließt sich dann aber, seinem Gott zu vertrauen: „Aber ich vertraue auch dich, o Herr; ich habe gesagt: Du bist mein Gott! In deiner Hand sind meine Zeiten;“ er gewann wieder Aufblick ab V. 15)
Samuel Lamb, China, konnte nach 20 Jahren Haft (Straflager und Gehirnwäsche) wegen seines Glaubens sagen: „Niemals allein“[23]. Er vertraute seinem Gott unerschütterlich.
9. Einsamkeit suchen kann auch mal geboten sein!
Einsamkeit ist nicht immer negativ, denn wir brauchen auch manchmal einen bewussten Rückzug. Zum Beispiel nach einem anstrengenden Tag, wenn man sich ausgelaugt und gestresst fühlt.
Möglichkeiten dazu gibt es ja viele. Verbunden mit Bewegung und Sport am besten hinaus ins Grüne oder ins Blaue gehen. Der Aufenthalt in der Natur wirkt sich positiv auf Körper und Seele aus. Ein 90-minütiger Spaziergang soll das Grübeln reduzieren, Ängste und negative Gedanken mindern und die Kreativität fördern.
Wir dürfen über die einzigartige und wunderbare Schöpfung Gottes staunen und uns darüber freuen: über den Sternenhimmel, über Wasserfälle, Berge, Täler, Blumen und vieles mehr. Darüber hinaus können wir zur Anbetung Gottes kommen.
Das iPhone hat leider dazu geführt, dass Kinder heute viel zu wenig draußen sind. Wir können sie dazu anleiten und sie dadurch vor Einsamkeit schützen.
10. Abschließende Gedanken
- Die Gefahr des Narzissmus als eine wesentliche moderne Ursache für Einsamkeit!
- Selbstprüfung und lernen von dem Jünger Johannes
- Nie allein: mit Jesus Christus Einsamkeit bewältigen aufgrund seiner Verheißungen und meines Platzes in Seiner Nähe
Narzissmus ist eine der modernen wesentlichen Ursachen dafür, an Einsamkeit zu leiden bzw. dafür gefährdet zu sein – Narzissmus im Licht des Wortes Gottes:
Wie bereits aufgeführt, kann der vor allem zeitlich intensive Umgang mit den modernen Onlinemedien und deren Plattformen dazu führen, sich viel zu viel mit sich selbst zu beschäftigen und dadurch unempfindlich für die Situation der Mitmenschen zu werden. Eine permanente Selbstbetrachtung bleibt nicht folgenlos: statt zufriedener zu werden, werden viele Zeitgenossen unzufriedener und auch einsamer. Das eigene Nabelschauhalten und das (vielleicht unbewusste) Suchen nach Selbstbestätigung und Selbstbewusstsein führt in die Sackgasse.
Was können wir aus Gottes Wort gewinnen, wenn wir uns die Frage stellen, wo wir Zufriedenheit finden und wie wir dahin kommen, dass wir uns nicht ständig mit uns selbst beschäftigen müssen oder uns in Konkurrenz zu anderen sehen?
Ich lese über den Jünger Johannes. Er schreibt über sich selbst: „Einer seiner Jünger aber, den Jesus liebte, hatte bei Tisch Platz an der Seite Jesu.“ (Johannesevangelium 13, 23; „er lehnte sich an die Brust Jesu“, V. 25). Etwas später schreibt er, wie im Zusammenhang mit der Auferstehung Jesu, Maria Magdalena zu Simon Petrus läuft und zu dem anderen Jünger, den Jesus lieb hatte.. (Joh. 20,2) -s. auch Joh. 19,26; 21,7. Er stellt sich also vor als „der Jünger, den Jesus liebte“ und als „der andere Jünger“.
Ich habe mir einmal die Frage gestellt: Hatte Jesus denn nur den Johannes lieb oder ihn sogar lieber als die anderen Jünger?
Nein, das kann nicht sein! Denn „Wie er die Seinen geliebt hatte, die in der Welt waren, so liebte er sie bis ans Ende.“ (Joh. 13,1). Er liebte alle die Seinen!
Aber Johannes lebte in engster Gemeinschaft mit dem Herrn. Er konnte sich deshalb „zurücknehmen“ (bis in seine Selbstbezeichnung hinein), weil er sich von Jesus geliebt wusste und das genügte ihm! Das prägte sein „Selbstbild“ und dann seine (Glaubens-)Praxis! Er musste sich nicht anderweitig Anerkennung verschaffen, nicht von sich reden, sich nicht in den Mittelpunkt stellen, sich nicht mit anderen vergleichen und wetteifern und zum selbstverliebten Egoisten werden. Denn das macht einsam!!
Es genügte ihm, sich als Schreiber des Johannesevangeliums „nur“ so zu nennen: „der andere Jünger“, „der Jünger, den Jesus liebhatte“. Die Nähe Jesu und das Wissen um seine Liebe reichten ihm aus.
Wenn ich mich nun selbst prüfen will, kann ich mir diese Fragen stellen:
- Wie ist das bei mir?
- Welche Nähe zu Jesus habe ich denn?
- Welchen (vertrauten) Umgang mit ihm pflege ich?
Brauche ich (so viel) Anerkennung von anderen, sogar aus dem weltweiten Netz, aus dem Vergleichen mit den anderen in ihrem „Status“, ihren Profilbildern, ihrer Anzahl der „Freunde“, der „Followers“, der „Likes“, usw.? Bin ich damit so beschäftigt, dass es mich daran hindert, um selbst Gemeinschaft zu suchen oder anzubieten?
- Bin ich zur Ruhe gekommen, weil meine Identität in Jesus gegründet ist, der mich wirklich liebt?
- Könnte ich mit dem Psalmisten sagen: „Mir aber ist die Nähe Gottes köstlich; ich habe Gott, den Herrn, zu meiner Zuflucht gemacht.“ (Psalm 73,28)
- Kann ich deswegen „los sein von mir selber“ und bereit sein zum Dienst, zur Gemeinschaft?
Unser Herr Jesus Christus – Verlassen von Menschen und von Gott:
Der Herr Jesus kennt Verlassenheit. In schwersten Stunden verließen ihn seine Jünger (Joh. 19, 25/ Markus 15,40).Unter dem Kreuz Jesu standen nur noch wenige Frauen und der Jünger Johannes. Bei der Gefangennahme Jesu flohen alle Jünger (Matthäus 26, 56). In Gethsemane während des Gebetskampfes Jesu schlafen alle Jünger ein (Matthäus 26, 36 ff.).
Und schließlich muss Gottes Sohn sogar die Gottverlassenheit in seinem Todeskampf erleiden! (Matthäus 27, 46).
Nie allein: Gottes zuverlässiger wahrer Zuspruch
Einsamkeit bei Christen? Ja, das ist möglich, denn Menschen können uns verlassen oder enttäuschen (und umgekehrt sind wir leider selbst in der Lage dazu, treulos oder feige zu sein), aber wir sind niemals von Gottverlassen!
Die Gottverlassenheit, wie sie der Herr Jesus Christus für uns Sünder in seinem Sterben erlitten hat, müssen wir niemals erleben. Dagegen sprechen die Zusagen, die Gott in seinem Wort garantiert. Denn er selbst hat gesagt:
„Ich will dich nicht verlassen noch versäumen!“ (Hebr. 13,5c)
„Jesus Christus ist gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit!“ (Hebr. 13,8)
„Ich bin jung gewesen und alt geworden und habe nie den Gerechten verlassen gesehen,
oder seinen Samen um Brot betteln.“ (Psalm 37,25)
Gott wird dich tragen (F. J. Crosby 1820-1915)[24]
Gott wird dich tragen, drum sei nicht verzagt,
treu ist der Hüter, der über dich wacht.
Stark ist der Arm, der dein Leben gelenkt,
Gott ist ein Gott, der der Seinen gedenkt.
Gott wird dich tragen, wenn einsam du gehst;
Gott wird dich hören, wenn weinend du flehst.
Glaub es, wie bang dir der Morgen auch graut,
Gott ist ein Gott, dem man kühnlich vertraut.
Gott wird dich tragen durch Tage der Not;
Gott wird dir beistehn in Alter und Tod.
Fest steht das Wort, ob auch alles zerstäubt;
Gott ist ein Gott, der in Ewigkeit bleibt.
Gott wird dich tragen mit Händen so lind.
Er hat dich lieb wie ein Vater sein Kind.
Das steht dem Glauben wie Felsen so fest:
Gott ist ein Gott, der uns nimmer verlässt.
[1] Deutschlandfunk, 23.12 2019
[2] Laut dem Sozio-ökonomisches Panel (SOEP), einer unabhängigen forschungsbasierten Infrastruktureinrichtung, 2021; zitiert in einer Meldung des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauen, 17.06.2024
[3] In meiner Bearbeitung des Themas bezog ich mich wesentlich auf das Buch von Manfred Spitzer, Einsamkeit, die unerkannte Krankheit, 2018. Spitzer ist Psychiater und einer der bedeutendsten deutschen Gehirnforscher. In seinem Buch bezieht er sich auf eine Vielzahl wissenschaftlicher Arbeiten. Er betont, dass diese Studien eine hohe methodische Strenge aufweisen würden.
[4] Beispiele: Ärztezeitung, Droht mit Corona auch eine Pandemie der Einsamkeit? 19.10. 2020; Stern, Einsamkeit im Corona-Lockdown, 1.7. 2020; Frankfurter Rundschau; Depression und Einsamkeit, 7.11. 2023; GEO, Einsame Menschen haben ein höheres Sterberisiko, 19.6. 23; Neue Westfälische Rundschau, Bielefelder Projekt will einsame Menschen aus ihrer Isolation holen, 11.6. 2023; WDR, Einsamkeit der Jugend – was kann die Landesregierung tun? 29.11. 2023; ARD alpha, Die Zahl einsamer Menschen in der BRD steigt, 13.12. 23; Deutschlandfunk Kultur, Was tun gegen Einsamkeit? 18.6. 2024; Tagesschau, Corona hat einsamer gemacht – vor allem Jüngere, 30.5. 2024
[5] Tagesschau, 13.12. 2023: Die Bundesregierung will gegen Einsamkeit vorgehen
[6] www.bundesregierung.de, 12.06. 2024
[7] In der Sendung „Nachtcafé“ am 21.06. 2024 mit dem Thema „Was von Corona bleibt“ berichtete ein betroffener Vater, dass eins seiner Kinder aufgrund der Schulschließung und der Kontaktverbote eine Depression entwickelte und magersüchtig wurde.
[8] Dazu zählen: Facebook, Twitter, WhatsApp, Youtube, Instagram, Snapchat
[9] Spitzer, 2018, S. 17 ff.
[10] Lt. dem Kompetenznetz Einsamkeit (KNE)
[11] Narzissmus: maßlose Ichbezogenheit, Selbstverliebtheit
[12] Spitzer, Einsamkeit, Die unerkannte Krankheit, S. 21 f.
[13] Veröffentlichte Studie im American Journal of Preventive Medicine, 2017, auf der Grundlage einer für die USA repräsentativen Studie von 1787 Erwachsenen im Alter von 19-32 Jahren. Es wurde darin der Zusammenhang zwischen dem Erleben von Einsamkeit und der Nutzung von Onlinemedien untersucht -zitiert in: Spitzer, 2018, S. 133
[14] Das Deutsche Schulportal der Robert-Bosch-Stiftung veröffentlichte am 2.4.2024 aus einem Bericht der WHO (veröffentlicht Ende März 2024), dass jedes 6. Schulkind von Cybermobbing betroffen ist.
[15] Spitzer, 2018, S. 46 f.
[16] Sozial isolierte Kinder“, eine Neuseeländische Längsschnittstudie (Herbst 1972-Frühjahr 1973): in einer Stadt wurden alle Neugeborenen erfasst (1037 Babys). Bis zu ihrem 26. Lebensjahr wurden diese im Rahmen einer Studie in Abständen von einigen Jahren immer wieder aufgesucht, befragt und teilweise untersucht, um festzustellen, wie es ihnen geht und wie sich ihr Leben entwickelt- zitiert in: Spitzer, 2018, S. 150-151
[17] Factum 5/ 2023, S. 31, Schwengeler Verlag AG
[18] Soziologen House/ Landis, beide University of Michigan, Soziologin Umberson, University of Texas: Social Relationships and Health, veröffentlicht im Fachblatt Science, 1988; zitiert in: Spitzer, Einsamkeit, die unerkannte Krankheit, 2018, S. 161
[19] factum 5/ 2023, S. 31, Schwengeler Verlag AG
[20] S. Spitzer, 2018, S. 166
[21] s. Spitzer, 2018, S. 194-196
[22] s. Spitzer, 2018, S. 195
[23] Ken Anderson, Niemals allein, clv Verlag
[24] Fanny Crosby erblindete als Kind. Ihr Anliegen war es, Gott mit ihrem Leben zu dienen. Sie schrieb viele Gedichte und Lieder bis ins hohe Alter. Sie ging oft in Gefängnisse. „Gott wird dich tragen“, das war ihre eigene Erfahrung. Darum konnte sie für andere da sein.
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Foto von Oleksandra Petrova auf Unsplash